Vincent will meer
D 2010, Laufzeit: 95 Min., FSK 6
Regie: Ralf Huettner
Darsteller: Florian David Fitz, Caroline Herfurth, Heino Ferch
>> www.vincent.film.de/
Jugendliches Roadmovie
Verfluchte Flucherei
„Vincent will meer“ von Ralf Huettner
Drei junge, labile Patienten begeben sich auf einen Roadtrip in den Süden und lernen sich und die Welt neu kennen. Vincent (Florian David Fitz) ist Mitte 20 und leidet unter dem Tourette-Syndrom: Zwanghaft und unkontrollierbar platzen Beleidigungen aus ihm heraus. Ein Zustand, der Vincent weitestgehend isoliert. Als seine Mutter stirbt, schickt ihn sein Vater (Heino Ferch), ein egoistischer Politiker, in ein Therapiezentrum. Dort lernt er Marie (Karoline Herfurth) kennen, die ihrem Lebensverdruss mit Magersucht begegnet und (trotz Marihuana-Konsum!) eisern die Essenszufuhr verweigert. Sie nimmt sich Vincent an und führt ihn durch die Klinik. Weniger herzlich gibt sich Alexander (Johannes Allmayer), Vincents neuer Zimmergenosse, ein zwanghafter Kontrollfreak, der mit Ordnungsfimmel und hygienebesessen sein Revier zu verteidigen sucht. Vincents Therapeutin Dr. Rose (Katharina Müller-Elmau) macht dem Neuankömmling nur halbherzig Hoffnung: Heilbar ist seine Krankheit nicht, aber therapierbar. Doch Vincent hat noch ganz andere Sorgen. Er hat die Asche seiner Mutter im Gepäck und möchte der Verstorbenen ihren letzten Wunsch erfüllen, noch einmal das Meer zu sehen. Hals über Kopf nehmen Vincent, Marie und Alexander Reißaus und begeben sich auf eine abenteuerliche Odyssee gen Italien. Als sein Vater davon Wind bekommt, nimmt er gemeinsam mit Dr. Rose die Verfolgung auf.
Regisseur Ralf Huettner machte sich im Kino einen Namen mit der genialen Helge-Schneider-Farce "Texas - Doc Snyder hält die Welt in Atem". Nach einigen ebenso unterhaltsamen Ausflügen ins Fernsehen ("Die Musterknaben", "Dr. Psycho") wagt sich Huettner mit "Vincent will Meer" an ein Jugenddrama mit Tiefgang, das er bewährt mit Tempo und humoristischen Schlenkern ziert. Das Ergebnis ist ein flottes Drama mit drei eigenwilligen Protagonisten, die mit ihren Macken Missverständnisse, Konflikte und vor allem ungefilterte Statements heraufbeschwören und den vermeintlich vernunftbegabten Erwachsenen den Spiegel vorhalten. Die Glaubwürdigkeit der Geschichte erscheint Huettner dabei weniger wichtig: So manche Fügungen wirken konstruiert, der Film ist insgesamt vorhersehbar und die eine oder andere Figur stereotyp gestrickt. Huettner verzichtet auf Komplexität. Dafür erzählt er leichtfüßig und richtet sich offensichtlich an ein jüngeres Publikum, das weniger den Handlungsstrang hinterfragt und sich vielmehr für die drei Heimbewohner erwärmt, die von den jungen Darstellern überzeugend verkörpert werden. Die Krankheiten der drei neuen Freunde werden angenehm dezent problematisiert oder liefern auch mal Anlass für einen Lacher. Huettner predigt nicht mit mahnendem Zeigefinger Toleranz. Auch wenn die Reise vor allem reumütige Erwachsene zurücklässt, werden hier alle Beteiligten geläutert. So mancher lernt: Ein Tourette-Patient kann es auch mal ernst meinen, wenn er jemanden wütend verflucht.
(Carla Schmidt)
Kino als Empathie-Maschine
Warum wir Kino in Zukunft mehr brauchen denn je – Vorspann 01/25
Stark durch Solidarität
„Billige Hände“ im Filmhaus – Foyer 12/24
Übers Ankommen in Deutschland
„Zwischen Sein und Nichtsein“ von Leocadie Uyisenga – Film 12/24
Toleranz zum Jahresende
Mit Kino zu mehr Empathie finden – Vorspann 12/24
Zermürbte Gesellschaft
choices preview zu „Critical Zone“ im Odeon – Foyer 11/24
„Mir wurden die Risiken des Hebammenberufs bewusst“
Katja Baumgarten über ihren Film „Gretas Geburt“ – Foyer 11/24
Die ganze Palette Kino
9. European Arthouse Cinema Day – Festival 11/24
Nach Leerstellen suchen
„Riefenstahl“ im Weisshauskino – Foyer 11/24
Kunst des Nicht-Wegschneidens
„Anna Zeit Land“ im Filmforum – Foyer 10/24
Liebe und Macht
choices preview zu „Power of Love“ in der Filmpalette – Foyer 10/24
Schnitte in Raum und Zeit
Die 24. Ausgabe des Festivals Edimotion in Köln ehrt Gabriele Voss – Festival 10/24
Restitution von Kolonialraubkunst
„Dahomey“ und „The Story of Ne Kuko“ im Filmforum – Foyer 10/24
Die hemmungslose Leinwand
Sexualität im Kino – Vorspann 10/24
„Die Geschichte ist jetzt unfassbar aktuell“
Regisseur Andreas Dresen über „In Liebe, Eure Hilde“ – Gespräch zum Film 10/24
„Zuhause sehnen wir uns nach der Ferne...“
Kuratorin Joanna Peprah übers Afrika Film Fest Köln – Festival 09/24
Kurzfilmprogramm in der Nachbarschaft
„Kurzfilm im Veedel“ zeigt Filme zu aktuellen Themen in Köln – Festival 09/24
Afrikanisches Vermächtnis
Das 21. Afrika Film Festival widmet sich dem Filmschaffen des Kontinents – Festival 09/24
Sorge um die Filmkultur
Veränderungen und Einsparungen stehen vor der Tür – Vorspann 09/24
Disziplin, Drill und Durchlässigkeit
„Mädchen in Uniform“ im Filmforum – Foyer 08/24
Volles Programm(heft)
40-jähriges Jubiläum der Internationalen Stummfilmtage Bonn – Festival 08/24
Sommer-Endspurt
Humor und Weltrettung für Jung und Alt – Vorspann 08/24
Der Sieg des Glaubens
„Führer und Verführer“ im Odeon mit Regisseur Joachim Lang – Foyer 07/24
Queere Menschen in Polen
„Boylesque“ im Filmhaus – Foyer 07/24
Pssst!
Zu Spoilern, Prequels und Remakes – Vorspann 07/24
Ein Fest des Kinos
Die Kölner Kino Nächte präsentieren an 4 Tagen knapp 50 Filme – Festival 07/24