Widows – Tödliche Witwen
USA 2018, Laufzeit: 129 Min., FSK 16
Regie: Steve McQueen
Darsteller: Viola Davis, Michelle Rodriguez, Elizabeth Debicki, Colin Farrell, Liam Neeson, Robert Duvall
>> www.fox.de/widows
Gangsterdrama
Schuldenfalle
„Widows – Tödliche Witwen“ von Steve McQueen
Vier Männer, die ihre Frauen schlecht behandeln, drehen ein krummes Ding, werden gestellt und von einem SWAT-Team niedergemetzelt. Sie lassen vier Witwen zurück. Eine von ihnen, Veronica (Viola Davis), bekommt schon bald von einem farbigen Gangster (Brian Tyree Henry), der gerade in den Stadtrat strebt. Er fordert von ihr die 2 Millionen Dollar, die ihr getöteter Mann (Liam Neeson) geschuldet hat. Veronica bleiben vier Wochen, um die Summe aufzutreiben. Sie geht in die Offensive, schmiedet einen Coup und holt sich die anderen Witwen mit ins Boot.
Steve McQueen inszeniert einen „Ocean's“-Abenteuer ohne Swing und gelacktem Weichzeichner, eine dreckige Milieu-Variante von Soderberghs Edel-Krimis – und der aktuellen femininen Variante „Ocean’s 8“ insbesondere. McQueens Drama spielt in der Unterwelt Chicago, vom weißen Rassisten bis hin zum schwarzen Referent sind sie hier allesamt gleichermaßen korrupt. Der Regisseur zieht uns in trostlose Abgründe, die Gangart ist rau, die Musik atemlos treibend. Und wenn beim Kauf von Fluchtwagen und Waffen doch mal Humor aufblitzt, wirkt er deplaziert.
„Widows“ ist ein Gangsterkrimi und der vierte Spielfilm von Steve McQueen, der bereits vor seinen Regie-Karriere als studierter Künstler mit dem Medium Film experimentierte. Mit seinem gefeierten Spielfilmdebüt „Hunger“ von 2008 hinterließ er auch gleich eine eigene Handschrift: der fokussierte Blick, die malerische Szenerie, die Plansequenz. Kollege Christian Meyer umriss McQueens Stil derzeit mit dem Begriff „körperlich“. Es folgte das gesellschaftskritische Drama „Shame“, Michael Fassbender spielte auch hier die Hauptrolle. Mit der Geschichte eines sexsüchtigen New Yorkers gelang inhaltlich und inszenatorisch ein inspirierender, ausgefallener Ansatz. Mit der Romanverfilmung „12 Years a Slave“ dann legte der Regisseur ein gutes, aber auch konventionelles historisches Drama vor, das allemal szenisch interessante Akzente setzte. Ähnlich ergeht es jetzt auch „Widows“. Auch hierbei handelt es sich um eine Adaption, das Drama basiert auf einer Miniserie aus den 1980er Jahren. Die Handschrift McQueens ist kaum noch zu erkennen. Sein solider Gangsterkrimi wird nur selten von Szenen erhellt, die eine besondere Kraft entfalten, wie etwa die ungeschnittene Autofahrt eines korrupten Politikers und seiner Frau, bei der die Kamera draußen auf der Motorhaube Platz nimmt. Ansonsten: knackige, derbe Gangsterkost, die politische Intrigen streift.
Das Drama ist ein guter Spielfilm, er ist spannend und twistreich, er ist gut besetzt. Ob es ein Werk ist, das man 2008 von dem „Hunger“-Regisseur erwartet hätte, ist mehr als fraglich. Und so schauen wir wehmütig zurück und zugleich hoffnungsvoll in die Zukunft und harren wohlwollend der nächsten filmischen Eingebung McQueens. Der plant ein Biopic über den amerikanischen Künstler, Sozialisten und Bürgerrechtler Paul Robeson. Erneut bedient er sich eine biografische Grundlage, wie im großartigen „Hunger“, wie im mäßigen „12 Years a Slave“.
(Hartmut Ernst)
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