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Wilbur Wants to Kill Himself
Dänemark / Großbritannien / Deutschland 2002, Laufzeit: 106 Min.
Regie: Lone Scherfig
Darsteller: Jamie Sives, Adrian Rawlins, Shirley Henderson, Lisa McKinlay, Mads Mikkelsen, Julia Davis, Susan Vidler

Viel kann Wilbur mit dem Leben nicht anfangen. Im Gegenteil: gar nichts. Ein Selbstmordversuch folgt dem nächsten. Und erst recht nichts mit offen an ihn rangetragenen Liebesbekundungen. Nicht von Frauen. Nicht von Kindern. Und auch der mütterliche Charme seines Bruders bleibt ohne Wirkung. Tragikomödie zwischen Leben und Tod. Irgendwas scheinen die Lemminge, jene berühmt-berüchtigten skandinavischen Wühlmäuse, begriffen zu haben. Jedenfalls marschieren sie lieber hoch erhobenen Hauptes in den Tod, als in Folge von Massenpopulation ohne Nahrung und Unterschlupf dahin zu siechen. Wenn das kein Grund ist für den Gesellschaftsverächter und Aushilfskindergärtner Wilbur, seine Schutzbefohlenen mit seinen Geistesverwandten zu konfrontieren. Ein bisschen Spaß muss sein, wenn schon seine Selbstmordversuche alle im Desaster enden. Wilbur hat die Faxen dicke. Zum Leidwesen seiner pädagogischen Kollegin wie seiner Genossen in der Therapiegruppe (die wünschen ihm wenigstens den Tod). Vor allem aber sein Bruder Harbour hat an dem selbstzerstörerischen Lebenswandel zu knapsen. Einer überforderten Glucke gleich hat er hier den Lebensmüden vor dem Abgrund zu bewahren und dort das vom Vater geerbte und dem Untergang geweihte Buchantiquariat zu schützen. Würde Wilbur doch nur ein wenig Halt in der Liebe finden. Stattdessen zieht ein potentielle Liebe samt Tochter bei dem geplagten Junggesellen Harbour ein. Es entspinnt sich ein losgelöster Ringelreihen. Im Kreise sich drehend. In wechselnden Konstellationen. Ganz pragmatisch ist die achtjährige Mary. Zart beseelt und dennoch zupackend: Mutter Alice. Verliebt wie unbedarft Harbour. Und im Mittelpunkt der knorrig-liebenswerte Egofucker Wilbur ? vor der unwirtlichen Kulisse eines winterlichen Glasgows. Losgelöst von jedwedem Dogma-Theorem ist Regisseurin Lone Scherfig (Italienisch für Anfänger) und Co-Autor Anders Thomas Jensen (Mifune) eine wunderbare Erzählung in "der weit schwierigeren klassischen Filmsprache" (Scherfig) gelungen. Gänzlich ungezwungen entwickeln sich die Charaktere. Keine Wendepunkte mit der Brechstange. Freiwillige Komik vor rührseligem Hintergrund. Der Zuschauer lacht Tränen, weint Tränen ? allein ob der Natürlichkeit der Geschichte und ihrer Protagonisten. Und gekonnt gesetzte Bilder zeugen von der hohen Erzählkunst der Autoren: Ein Hoch auf die Lemminge.

(Lars Albat)

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