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Kirchen sind immer auch notwendiger Ruhepol einer Stadt.
Foto: Olaf Hirschberg

„Früher wurde in den Kirchen auch getanzt“

26. Juli 2012

Hiltrud Kier über die Normalität von Zwischennutzungen christlicher Kirchenräume - Thema 08/12 Kirche im Wandel

choices: Frau Kier, muss man angesichts des Wandels der katholischen und evangelischen Gemeindestrukturen in der Kölner Innenstadt künftig mit der Schließung oder dem Verkauf von Kirchen rechnen?
Prof. Dr. Hiltrud Kier:
Im Innenstadtbereich sind das ja alles wichtige Baudenkmäler, da wird man nicht rangehen. Trotzdem hat vor allem die katholische Kirche ein Problem.

Was sind aus Ihrer Sicht die zentralen Gründe für dieses Problem der katholischen Kirche und ihrer teilweise kaum genutzten Bauten in Köln?

Prof. Dr. Hiltrud Kier
Foto: privat
Prof. Dr. Hiltrud Kier ist Kunsthistorikerin, Hochschullehrerin (Universität Bonn) und war 12 Jahre lang Kölner Stadtkonservatorin (1978-1990). Sie machte die Denkmalpflege weit über die Grenzen der Stadt Köln populär. Zu den wichtigsten Leistungen ihrer Amtszeit zählte der Erhalt und Wiederaufbau der großen romanischen Kirchen in Köln zum Jahr der Romanischen Kirchen 1985.

Die katholische Kirche leidet unter massivem Priestermangel. Es ist niemand mehr da, der die Menschen anspricht. Seelsorge ist aber keine Einbahnstraße. Die katholische Kirche muss endlich ihr Verhältnis zu Frauen überdenken. Wenn man auch katholische Frauen in den Priesterberuf ließe, gäbe es genügend Seelsorgepersonal.

Leeren Kirchen in der Innenstadt wird inzwischen auch in der katholischen Kirche verstärkt über kulturelle Nutzungen begegnet. Nennenswerte Refinanzierungsmöglichkeiten sind im Kultursektor ja bekanntlich nicht zu erwarten, oder?

Da geht es ja auch mehr um eine vorübergehende erweiterte Nutzung. Alles, was die Menschen zusammenbringt, geistig beflügelt, vergnügt macht, das Gemeinschaftsgefühl des Viertels stärkt, ist wichtig für die Kirchen. Diese Ruheräume braucht eine Großstadt.

Wie sehen Sie denn wirkliche Umnutzungen von Kirchen, sind auch Kletterhallen oder Diskotheken in Kirchen denkbar, wie z. B. in den Niederlanden?

Wie gesagt, das wird in der Innenstadt auf längere Sicht so nicht anstehen. Vielleicht aber im erweiterten Stadtgebiet. Und natürlich gibt es da Grenzen. Eine Diskothek ist aber, denke ich, kein Problem. In den Kirchen ist früher schließlich auch getanzt worden. Wichtig ist nur, dass bei der Umnutzung die Würde des Raumes und die der Menschen erhalten bleibt und dass man sie wieder rückgängig machen kann. Aber Zwischennutzungen gab es immer in der Geschichte der Kirchen.

In der Vergangenheit konnte man lesen, dass Sie auch eine Nutzung durch Muslime nicht ausschließen?

Nein, keineswegs, das sind ja Gotteshäuser. Für den einen Gott, zu dem alle beten.

Für mich ist das keine Umnutzung.

Stehen Sie mit dieser Meinung nicht alleine auf weiter Flur?

Vor 30 oder 40 Jahren war es noch nicht möglich, eine katholische Kirche der evangelischen Kirche zu geben. Und ich gehe davon aus, dass die durch nichts zu rechtfertigende Bestimmung der katholischen und der evangelischen Kirche, keine Kirche den Muslimen zu überlassen, früher oder später weichen wird.


Interview: Prasanna Oommen/Jessica Hoppe

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