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Marijke van Warmerdam, Rrrolle – red, 2011, 35-mm-Filmschleife
Foto:Marijke van Warmerdam; Kunsthalle Düsseldorf

Geheimnisvoll einfach

27. Februar 2014

Ausstellungen in Bonn und Düsseldorf – Kunst in NRW 03/14

Am schönsten ist Kunst, wenn sie einfach aussieht. Besonders verführerisch ist sie, wenn sie von einfachen Dingen handelt, von Alltäglichem, notiert ohne besonderes Zutun, lapidar und humorvoll. Freilich, im Einfachen können eine enorme Präzision und eine dramatische Zuspitzung liegen, gesättigt auch von Humanität, etwa wenn sie sich unserer Lebenswirklichkeit widmet und die Menschen in dieser zeigt. All das trifft auf die Werke der Amsterdamer Künstlerin Marijke van Warmerdam zu. Van Warmerdam wurde vor allem mit kurzen Filmen bekannt, die in der nahtlosen Wiederholung unspektakulärer Vorgänge für feine Details sensibilisieren. Ein Windstoß wirbelt Unrat auf einem Industriehof auf. Vor einem Tulpenfeld kreist ein Papagei Kopf voran um eine Stange. Oder die holländische Landschaft wird wie im schwebenden Zustand gefilmt, aufgenommen auf einem Fahrrad. Natürlich sind diese Filme genau geschnitten, überhaupt in ihrer Konzeption komplex, sie verfügen über Zitate und kunsthistorische Verweise, aber Marijke würde jetzt sagen: „Was hast du für eine blühende Fantasie“.

Marijke van Warmerdam wurde 1959 geboren, heute lebt sie in Amsterdam und Karlsruhe, wo sie eine Professur an der Kunstakademie innehat. Bereits 1995 hat sie auf der Biennale Venedig und 1997 auf der documenta in Kassel ausgestellt, seitdem sind ihre Werke in aller Munde. Und doch ist das jetzt in der Kunsthalle Düsseldorf ihre erste Werkübersicht in Deutschland. Sie zeigt, dass van Warmerdam mit den gleichen Intentionen auch eine vorzügliche Malerin und Objekt- und Installationskünstlerin ist.

Die 1968 in Italien geborene, heute in Paris lebende Tatiana Trouvé ist eine Künstlergeneration jünger als Marijke van Warmerdam. Auch sie hat bereits an den wichtigen Orten ausgestellt und auch sie hat jetzt ihre Premiere in einem deutschen Museum, und zwar im Kunstmuseum Bonn. Auch bei ihr geht es um genuin lapidare Sachverhalte, vorgetragen als Bildhauerei. Aber der Teufel steckt hier im Detail: Da ist das Feld aus Senkbleien, die eben nicht lotrecht von der Decke hängen, sondern an schräg gespannten Seilen auf den Boden zeigen. Oder in einem Raum sind in freier Anordnung grün flimmernde Glasvitrinen mit Holzstücken kombiniert, variieren in ihrer Anordnung und wirken vielleicht wie ein Museumsraum zu Beginn der Aufbauphase. Immer wieder sind Formen und Objekte verdoppelt, und am eindrucksvollsten ist es, wenn Trouvé auf diese Weise ganze Räume gestaltet, ja, auf deren Architektur reagiert. In der Verwendung von Kupferrohr, Bronzeabgüssen von Holz, Grafit und fließendem Wasser, überhaupt in den Materialkontrasten und im Prozesshaften lässt ihr Werk an die Arte Povera denken. Aber Trouvés Kunst ist reduzierter, fast minimalistisch und befreit so die Materialien von jeder mythischen Schwere. Alle Präzision geht im Intuitiven auf, welches die Objekte und den Raum atmosphärisch auflädt. Daraus erwächst eine Poesie, die uns vorsichtiger und leiser auftreten lässt und ein eigenes Gefühl für Zeit entwickelt – auch das hat Tatiana Trouvé mit Marijke van Warmerdam gemeinsam. Beide Ausstellungen gehören mit zum Besten, das es derzeit in NRW zu sehen gibt.

„Tatiana Trouvé – I tempi doppi“ | bis 4.5.| Kunstmuseum Bonn | www.kunstmuseum-bonn.de

 

„Marijke van Warmerdam – Nahebei in der Ferne“ | bis 16.3. | Kunsthalle Düsseldorf | www.kunsthalle-duesseldorf.de

Thomas Hirsch

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