Alle Welt war erstaunt, als 1961 Anthony Manns Ritter-Epos „El Cid“ zum „Besten Western (!) des Jahres“ gewählt wurde. Doch schnell wurde klar, dass mit dieser Auszeichnung nicht nur einer der profiliertesten Western-Regisseure, sondern auch das vom Aussterben bedrohte Genre geehrt werden sollte. Ein wenig ähnlich verhält es sich mit der Hommage „Hello, I‘m Johnny Cash“, die zum „Besten Tournee-Musical“ der vergangenen Saison gewählt worden war. Aber mit einem Musical hat dieses „Konzert mit Zwischentexten“ eigentlich genauso wenig zu tun, wie Kunst mit Kunstdünger. Das Publikum in Essen – meist eingefleischte Anhänger der Country-Legende und des Interpreten Gunter Gabriel – hatte das richtige Gespür und machte die ausverkaufte „Lichtburg“ zu einem Alkohol-geschwängerten Konzertsaal, in dem auch schon mal zaghafte Randale ausbrach.
Auf der Bühne mühte sich der fast 70jährige, westfälische Sängerbarde, der sich mit Kompositionen für deutsche Schlagergrößen (u.a. Rex Gildo, Peter Alexander), sich selbst („Er ist ein Kerl“) und mit der Übersetzung von Cashs Songs einen Namen gemacht hatte, die Legende zum Leben zu erwecken. Unterstützt von einer kongenial den Country-Sound treffenden vierköpfigen Band gelingt ihm das immer dann, wenn er die Lieder seines Freundes singt. Aber wenn er die wenig erhellenden Texte des Autors und Regisseurs Volker Kühn aufsagt, dann merkt man doch, dass das schauspielerische Charisma nicht sein Ding ist. Das allerdings strahlt Helen Schneider aus, die als Cashs Frau June Carter die Show aus ihrer Mittelmäßigkeit reißt. Deshalb müsste der Abend fairerweise eigentlich „Johnny und June“ heißen, zumal Helen Schneider weitaus authentischer rüberkommt als der manchmal eher an Udo Lindenberg denn an Johnny Cash erinnernde Gabriel. Ein wenig denkt man an eine andere „Johnny Cash“-Hommage an den Krefeld/Mönchengladbacher Bühnen, die etwas liebevoller geschrieben (James Edward Lyons) und präziser inszeniert (Matthias Kniesbeck) war. Vielleicht geht diese Produktion ja auch mal auf Reisen?
Auf Reisen möchte am liebsten auch Regisseur Klaus Prangenberg mit der Hommage „Wanna be loved by ... anyone? – Vom Leben und Sterben der Marilyn Monroe“ gehen, die im Theater am Schlachthof Neuss läuft (nächste Vorstellung: 21.4.). Die in Wien ausgebildete Musical-Darstellerin und Opern-Sängerin Janina Burgmer schlüpft zu deren 50. Todestag in die Rolle des zeitlebens als Schauspielerin unterschätzten Sexsymbols – und überzeugt vor allem, wenn sie deren Songs ins Mikro haucht. Aber auch hier stehen sich ein oberflächliches Buch (Jasper Sand) und eine allzu eindimensionale Regie gegenseitig im Weg. Da werden so ergreifende Momente wie Marylins Erinnerung an den sie missbrauchenden Vater oder die geheimnisumwitterte Rolle der CIA bei ihrem Tabletten-Tod leider nur gestreift. Und die Inszenierung versäumt es, die Pianistin (Anna Seibert) interaktiv in Marylins Monolog mit einzubeziehen. Schade – denn es gibt kaum ein spannenderes Künstlerleben als das der legendären Hollywood-Ikone.
„Hello, I‘m Johnny Cash” I www.renaissance-theater.de
„Wanna be loved by ... anyone?” I www.tas-neuss.de
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