Ein weißes Fahnenmeer ist in der Orangerie aufgebaut, jede einzelne steckt in einem klobigen Quader. Auf die einzelne Fahnen werden Interviews mit deutschjüdischen Mitbürger:innen projiziert, die von Konflikten mit Deutschen, mit der Gemeinde berichten, von Empowerment oder vom Stolz, Jüdin zu sein. Mit dieser Installation beginnt „Mein Vater war König David“ (Regie: Daniel Schüßler). Die anschließende Performance geht der jüdischen Familiengeschichte des Ensemblemitglieds Lara Pietjou nach. Nach dem Tod ihres Vaters Leo entdeckte sie in dessen Nachlass eine Videokassette mit einem Gespräch der Großmutter über deren (Über-)Leben im Untergrund von Amsterdam während der Nazibesetzung und den Tod des Urgroßvaters in Auschwitz.
Die Performance stellt die Frage, was vor dem Hintergrund dieses Traumas Identität, speziell jüdische Identität, bedeutet. Der dramatische Impact liegt darin, dass Leo Pietjou an einer bipolaren Störung litt, in deren manischen Phasen er sich für König David hielt. Sprich: Es geht um Traumata, deren Vererbung und Verarbeitung. Das Ensemble um Lara Pietjou, Dorothea Förtsch, Hanna Held und Ingmar Skrinjar nähert sich diesen Fragen mit dramatischen Berichten aus dem Versteck, sachlichen Schilderungen des Familienlebens, hantiert zwischendurch mit großen Schwellköpfen, nutzt auch tänzerische Elemente. Das wirkt in seiner Dramatik berührend und sehenswert, wirft mit der Fokussierung auf die Krankheit des Vaters allerdings auch zahlreiche Fragen auf. Zum Abschluss des Abends folgt jeweils ein Live-Gespräch mit ausgewählten Gästen über jüdische Identität. Sehenswert.
Mein Vater war König David | R: Daniel Schüßler | 21. - 25.2.2024 | Orangerie Theater | 0221 952 27 08
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