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Ein kleiner Kulturort am Gottesweg
Foto: Kultursalon Freiraum e.V.

Nicht nur barfuß am Klavier

28. September 2017

Der Kultursalon Freiraum in Köln-Sülz – Kulturporträt 10/17

„Es ist eine Leidenschaft im Spiel“, sagt Christel Aring. Keine andere Begründung kann es für die Tatsache geben, dass sie und Brigitte Gauchel seit 14 Jahren in Köln-Sülz den Kunstsalon Freiraum leiten. 84 Veranstaltungen sind im Jahr von den beiden ehrenamtlich abzuwickeln. „Vor einigen Tagen noch haben wir beide bei einem Konzert des Jazzers Florian Arens ganz hinten gesessen, auf die Musik gehört und gedacht: Dafür lohnt sich das alles“, erklärt Brigitte Gauchel. Der Name Freiraum ist inspiriert von dem vormaligen Friseursalon, dessen Leuchtschrift die beiden übernommen haben. „Nicht nur reden“ wollten sie über Kunst, „sondern es gilt dann auch einmal ins kalte Wasser zu springen“, meint Aring. So gründeten sieben Gleichgesinnte einen Verein. Klingt spießig, entscheidend ist aber, was man daraus macht.

Anfangs musste man sich noch über das Programm den Kopf zerbrechen, erinnert sich Brigitte Gauchel, inzwischen gebe es so viele Anfragen, dass die beiden mit Bedacht auswählen müssen. Die Idee war, Kunst unmittelbar zugänglich zu machen. Es gab Spenden und inzwischen unterstützen auch die RheinEnergie Stiftung und die Stadt Köln einzelne Projekte. Trotzdem muss man finanziell jonglieren, damit die Künstler ihre Erlöse behalten können, die immer gering sind, weil der aus einem großen Winkel bestehende Raum nur mit 80 Plätzen bestuhlt werden kann. Neben 40 Konzerten gibt es literarische Veranstaltungen, Kabarett und einen Galeriebetrieb mit sechs Ausstellungen jährlich, den die beiden über eine GbR organisieren.

„Wir machen alles, was uns interessiert, auch wenn das finanziell nicht schlau ist“, erklärt Christel Aring. „Würden wir uns spezialisieren, kämen wir auch an die Sammler heran. Wir möchten aber nur das zeigen, was wir selbst gerne kaufen würden.“ Als Veranstalter haben die beiden einen erstklassigen Ruf, weil sie professionell und respektvoll mit ihren Gästen umgehen. Sülz ist allerdings auch ein künstlerisch fruchtbarer Stadtteil. Zwei Straßen weiter gingen die Jungs von AnnenMayKantereit zur Schule. Natürlich gaben „die Sülzer Beatles“ hier eines ihrer ersten Konzerte. Inzwischen wurde ihrem auf der Straße gefilmten Song „Barfuß am Klavier“ 27 Millionen Mal auf Youtube gelauscht.

Vor dem Freiraum befindet sich die Station einer Buslinie, klarer Fall, dass die Besucher, wenn es drinnen zu voll ist, auch schon einmal auf dem Dach des Wartehäuschens sitzen, um in die Fenster des „Aquariums“ zu schauen – so wird der Freiraum mitunter wegen seiner großen Fenster genannt. Nach den Veranstaltungen hockt man zusammen und schon entstehen Ideen für den nächsten Event. Verträge werden keine gemacht, am besten sind die beiden Frauen immer mit Einigungen per Handschlag gefahren.

Durch das vielfältige Programm ziehen sich Veranstaltungsreihen. Sonntags um fünf kommt zum Beispiel Theo Roos mit dem Komponisten Harald Rutar zum Philosophieren. Der Tänzer Emanuele Soavi lädt regelmäßig Gäste zum Gespräch über den modernen Tanz ein. Rundfunk-Redakteur Wolfgang Schiffer bietet Lesungen an und quartierte hier seinen Lesekreis aus dem Traditions-Café Osterspey ein. Es gibt einen FreiraumChor, der beständig wuchs, jetzt allerdings in der nahen Grundschule singen muss, da es gezielte Beschwerden aus der Nachbarschaft gab. In solchen Momenten fällt dann freilich auch die Solidarität aus den Reihen der Anwohner ins Gewicht.

Vor allem jedoch ist der Freiraum zur Heimat der Jazzer geworden. „Der Salon ist Jazz“, resümiert Christel Aring kurzerhand. Eine Behauptung, die sich nicht alleine aus dem großen musikalischen Angebot ableitet. Solisten spielen oftmals nach einem erfolgreichen Konzert ein paar Monate später in Trio-Formationen im Freiraum und der Nachwuchs von der Hochschule für Musik und Tanz schätzt die Location ebenfalls. Dem Jazz ist dieser kulturell so energetische Ort aber auch deshalb wesensverwandt, weil hier wie in der Musik Dinge unverhofft miteinander in Kombination gebracht werden. Man befindet sich in einem immerwährenden Moment experimenteller Offenheit. „Hier ist so eine schöne Leichtigkeit“, habe einmal eine der Künstlerinnen gesagt, die im Freiraum aufgetreten ist. Kein Wunder, dass sich Menschen von einem solchen Ort angezogen fühlen, der viel zum kulturellen Reichtum einer Stadt beiträgt.

Kultursalon Freiraum e.V. | Gottesweg 115a, Köln-Sülz | verein.freiraum-salon.de

Thomas Linden

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