„Wir kümmern uns um Sie!“ – Das Versprechen hat bei aller Hilfsbereitschaft auch etwas Bedrohliches. Die drei weiblichen Hosts des Abends tragen Kostüme zwischen Arbeitskittel und Hosenanzug in unverfänglichem Bleu. Ihre Gesten sind einladend, ihre Mienen von ausgesuchter Freundlichkeit – und doch, es ist ein Angebot, das in seiner umfassenden Fürsorglichkeit fast skeptisch stimmt.
KimchiBrot Connection machen gleich zu Beginn ihrer neuen Produktion „(S)Caring“ ironisch deutlich, dass bei so viel Zuwendung der Horror nicht weit ist. Man denkt an Horváths berühmten Satz „Meiner Liebe entgehst du nicht!“. Mit den Elementen des Horrors wird an diesem Abend noch häufiger gespielt. Dazu trägt vor allem auchMartina Kocks Bühnenbild mit dem überdimensionalen roten Herz bei, das flankiert wird von Blumenrabatten. Aus ihm werden immer wieder Gegenstände entnommen, mit Schläuchen Infusionen vorgenommen oder mit Kunstblut herumgesaut (was allerdings etwas altbacken wirkt).Doch KimchiBrot sind nicht die trashigen Schlächterinnen der Care-Tätigkeit, im Gegenteil.
Ohne sich explizit in ein Diskursfeuerwerk über den Care-Gap, den Equal Pay Gap usw. zu begeben, gelingt es den Performerinnen Felicitas Martin, Nina Maria Zorn und Josephine Kalies all die Missstände in szenische Bilder aufzulösen. Da werden mehrfach Listen der Care-Arbeit durchdekliniert, die in ihrer umfassenden Ausführlichkeit beängstigende Ausmaße annehmen. Dass die Arbeiten von Listen abgelesen werden, verweist im Umkehrschluss auf die Überforderung durch die tägliche Mental Load. Gleich zu Beginn zeigt Josephine Kalies allerdings auch ganz konkret in aller Drastik, was Care-Arbeit eben auch bedeutet: Sie taucht ihr langes Haar in einen Eimer, wringt es (mit entsprechend tropfendem Off-Ton) aus, klatscht es auf den Boden und wischt Bahn für Bahn die Bühne sauber.
KimchiBrot haben zudem zahlreiche Interviews, vor allem mit Frauen, geführt und spielen einzelne Versatzstücke ein, die den ganzen Reigen der emotionalen Belastung, gelegentlich auch der Erfüllung durch Care-Arbeit ausschreiten. Die Aussagen werden untermalt mit Bewegungssequenzen des Trios, in denen der gestische Symbolraum der sorgenden Tätigkeit angedeutet wird, vom Umarmen, aneinander Lehnen, auf den Arm-Nehmen, Ziehen. In der Beschleunigung dieser Sequenzen zeigen sich letztlich die absurden Vorgaben der zeitlichen Taktung in der professionellen Pflege – bis die Performerinnen völlig erschöpft zusammensinken.
KimchiBrot versagen sich aber auch den Humor nicht. Neben den Horrorelementen kommt nämlich auch die Ironie nicht zu kurz. Da wird nicht nur der lächerliche Balkonapplaus für die Pflegekräfte während der Pandemie durch den Kakao gezogen. Als ironischer Kontrapunkt fungiert ein Saugroboter, der mit seiner LED-Beleuchtung nicht nur ein zähnefletschendes Grinsen zeigt, sondern mit flammenden Warnleuchten zum Notfall einer darniederliegenden Pflegekraft eilt, dann aber unversehens kehrtmacht – nichts mehr zu machen. Sorgearbeit lässt sich eben nicht zu Care 4.0 aufhübschen und dann technologisch abservieren.
(S)Caring | R: Elisa Hofmann, Christiane Holtschulte und Nina Maria Zorn | weitere Aufführungen im Herbst | Studiobühne Köln | 0221 470 45 13
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