Die Info an sich ist nicht neu, wird aber nun nochmal en detail präsentiert: Der Stadtgarten wird ab 2018 zum Europäischen Zentrum für Jazz und Aktuelle Musik ausgebaut und dafür von Stadt und Land mit je 300.000 Euro jährlich unbefristet gefördert. NRW-Kulturstaatssekretär Bernd Neuendorf erläutert: „Damit wird der überregional bedeutende Stadtgarten zur am höchsten geförderten Spielstätte für Jazz und zeitgenössische Musik deutschlandweit. Dies ist ein Zeichen für das reiche Musikland NRW.“ Die Kölner Kulturreferentin Susanne Laugwitz-Aulbach sekundiert: „Jazz hat sich immer als aufnahmefähig gegenüber gesellschaftspolitischen Prozessen erwiesen, das entspricht dem offenen, wachsenden Köln. Wir wollen innovative Experimente fördern.“
Stadtgarten-Programmchef Reiner Michalke freut sich naturgemäß über die Entwicklung: „Wir haben bereits im ersten Kulturentwicklungsplan der Stadt 2008 für die Idee geworben, die dann von Musikreferent Hermann-Christoph Müller unterstützt wurde. Bisher haben wir von der Hand in den Mund gelebt. Veranstaltungen mit großem Publikum haben karg besuchte Konzerte mitfinanziert. Nun können wir längerfristig planen, die Zahl kuratierter Reihen mit dreijähriger Perspektive erhöhen.“
Ulla Oster, Vorsitzende des Betreibervereins Initiative Kölner Jazz Haus e.V., schildert die Zukunftspläne: „Die Audience-Betreuung soll verbessert, junges Publikum per Vermittlung an Jazz herangeführt werden. Das Ticket- und Abo-System wird überprüft, ebenso die Zusammenarbeit mit Agenturen. Musikalische Forschung wird gefördert, Musiker können individuell unterstützt werden. Wir wollen nach angelsächsischem Vorbild eine Artistic Exchange-Plattform einrichten. Reihen und Festivals werden ausgebaut.“ Michalke ergänzt, dass die neue Bühne und Bestuhlung aus Landeszuschüssen finanziert werden. Ob allerdings die von Neuendorf erhofften Synergieeffekte, dass der Stadtgarten andere Spielstätten in NRW befruchte, eintreten, muss die Zukunft zeigen.
Auf unsere Frage, welchen Anteil am Gesamtprogramm Experimentelle Musik zukünftig einnehme, antwortet Michalke ausweichend. Natürlich wolle man diese weiter ausbauen. Einen Prozentsatz wollte er allerdings nicht nennen. Jedenfalls rechne man für 2018 mit einem Jahresbudget von 1,2 Mio. Euro. Vergleiche mit dem in Berlin geplanten „House of Jazz“, dessen Sanierung 12,5 Mio. Euro kostet, wurden von allen zurückgewiesen. Zuletzt pries Kuratorin Angelika Niescier den Winterjazz als Beispiel, jüngere und breitere Publikumsschichten anzusprechen. „Wir bieten ein vielfältiges Buffet, aus dem sich jeder seine Lieblingsdinge herauspicken kann.“
Der Beweis folgte auf dem Fuße: Beim 6. Winterjazz mit 60 MusikerInnen, verteilt auf fünf Bühnen in Stadtgarten, Zimmermann’s und Umleitung, platzte ersterer aus allen Nähten. Viele mussten auf Einlass warten, vor den Locations bildeten sich Schlangen. Die Bandbreite der Gigs war tatsächlich beeindruckend. Im Restaurant erfreute Benedikt Hesse die Zuhörer mit einem Mix aus kubanischem Jazz und New-Orleans-Funk, dessen Latin-Klänge ins Blut gingen. Im Saal unterhielten Henning Berg, Posaune, und Simon Seidl, Klavier, mit reinen, unaufgeregten Improvisationen. Im Studio 672 bot unter anderem Altsaxophistin Katrin Scherer mit „Momentum“ und Hans Lüdemann am Keyboard sowie Christian Thomé am Schlagzeug eine minimalistisch-futuristische Performance. Die allerdings nicht jedermanns Sache war, wie die sich leerenden Reihen zeigten. Zu vorgerückter Stunde bot das Quartett der argentinisch-stämmigen Jazzsängerin Sabeth Pérez sanften, intimen, gefühlvollen Modern Jazz mit Eigenkompositionen. Auch hier teilte sich das Publikum in Lovers und Leavers.
Ein Höhepunkt war sicherlich der Auftritt des Martin Sasse Trios mit der Stepptänzerin Pia Neises. „Die Idee stammte von Pia, sie hatte mein Trio gehört und gefragt, ob wir zusammen arbeiten. Sie ist rhythmisch stark, hat ein gutes Swing-Feeling und kennt sich im Jazz sehr gut aus“, erklärt Jazzpianist Martin Sasse. Klassiker wie „La Fiesta“ von Chick Corea, „Bye Bye Blackbird“ von Ray Henderson oder „Taking a Chance on Love“ von Vernon Duke wechselten mit Sasse-Kompositionen wie „Groove Machine“ oder „Blues for John“.
„Das Programm ist einerseits improvisiert, andererseits festgelegt und geprobt“, so Sasse. Im Dialog mit Volker Heinze am Bass oder Marcus Rieck an den Drums steppte Pia Neises, was die Schuhsohlen hergaben, und entlockte dem Publikum wiederholt heftigen Beifall. Insgesamt zeigte der 6. Winterjazz die einzigartige Vielfalt und enorme Bandbreite der Musiktradition: same same but different.
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