Kinokalender
Mo Di Mi Do Fr Sa So
18 19 20 21 22 23 24
25 26 27 28 29 30 1

12.582 Beiträge zu
3.811 Filmen im Forum

Fadinard (Ibrahim Yesilay) und Elena (Bele Kumberger) gehen in die Fahrschule
Foto: Pedro Malinowski

Überdrehte Opern-Rarität

26. Januar 2017

„Der Florentiner Hut“ von Nino Rota in Gelsenkirchen – Oper in NRW 02/17

Er war ein gefragter Mann, doch der echte Ruhm hat ihn erst spät ereilt. 1975 erhielt Nino Rota mit 64 Jahren endlich seinen Oscar und den Golden Globe gleich noch dazu für die Filmmusik zum zweiten Teil von Francis Ford Coppolas „Der Pate“ – die Krönung einer langen und beachtlichen Karriere als Filmkomponist. Das Gelsenkirchener Musiktheater im Revier zeigt mit einer komischen Oper nun eine eher unbekannte Seite von Nino Rota: Sonja Trebes inszeniert den „Florentiner Hut“ zu einem prächtig ausgestattenen Bühnenspaß.

Die Italiener wussten Rotas Musik schon früh zu schätzen. Meisterregisseur Frederico Fellini arbeitete von 1952 bis zu Rotas Tod 1979 ausschließlich mit ihm zusammen. Auch Luchino Visconti schwor auf seine Dienste. Dass der hauptamtliche Direktor des Konservatoriums von Bari auch noch drei Sinfonien, jede Menge Solokonzerte und immerhin zehn Opern komponiert hatte, interessierte dagegen kaum jemanden so richtig. Denn Rota verstand sich zeitlebens als „klassischer“ Komponist – in einer Zeit, in der die angesagte Avantgarde alles Althergebrachte über den Haufen werfen wollte.

So hat sich Rota wohl selber ein wenig gewundert, als sich die Oper von Palermo 1955 um die Uraufführung seiner vieraktigen „Farsa“ „Der Florentiner Hut“ bemühte. Das Stück hatte er gut zehn Jahre zuvor bei Kriegsende komponiert. Die literarische Vorlage, ein französisches Vaudeville aus dem 19. Jahrhundert, war seinerzeit ein populärer Stoff. 1939 lief in Deutschland eine Verfilmung mit Heinz Rühmann, 1944 eine französische mit Fernandel. Vielleicht war es letztere, die Rota zu seiner Opernfassung inspirierte. Jedenfalls entsprach diese ebenso dem Bedürfnis des breiten Publikums nach leichter Unterhaltung und Eskapismus. Musikalisch wird es durchaus bedient, allerdings auf sehr geistreiche und handwerklich ausgefeilte Weise. Echte Spezialisten für Rotas Filmmusiken können eine ganze Reihe von Eigenzitaten entdecken, Opernfreunde Anklänge und Zitate von Rossini, Donizetti, Puccini oder auch Operetten von Johann Strauss. Rota hat diesen komplexen Stil- und Zitatenmix in straffem Tempo durchkomponiert. Dirigent Thomas Rimes und Regisseurin Sonja Trebes nehmen diesen Schwung auf und setzen ihn dank eines überaus spielfreudigen und komödiantisch begabten Ensembles überzeugend um. Als besondere Zugabe gibt es in Gelsenkirchen das kurze, deftig-schlüpfrige Singspiel „Die Fahrschule“ als deutsche Erstaufführung und Quasi-Vorspiel zur Oper. Die Idee ist gut. Leider gelingt es nicht ganz, den frech-überdrehten Regieansatz ins eigentliche Stück hinüber zu retten. So macht sich eins ums andere Mal auch Biederkeit breit im absurden Reigen um Untreue, Eifersucht und einen Strohhut, den ein Pferd gefressen hat.

„Der Florentiner Hut“ | R: Sonja Trebes | Sa 4.2. 19.30 Uhr, So 12.2. 15 Uhr | Musiktheater im Revier, Gelsenkrichen | 0209 409 72 00

Karsten Mark

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.

Neue Kinofilme

Konklave

Lesen Sie dazu auch:

Horror und Burleske
Die Spielzeit 24/25 am Gelsenkirchener MiR – Oper in NRW 07/24

Täuschung und Wirklichkeit
Ein märchenhafter Opern-Doppelabend in Gelsenkirchen – Oper in NRW 02/24

Fiasko in forschem Ton
„König für einen Tag“ in Gelsenkirchen – Oper in NRW 07/23

Das Meer spiegelt die Gefühle
„Billy Budd“ am Musiktheater im Revier Gelsenkirchen – Oper in NRW 03/23

Henry Purcells dunkle Seite
„AscheMOND oder The Fairy Queen“ in Wuppertal – Oper in NRW 03/17

Figaro, der Strippenzieher
Rossinis „Il barbiere di Siviglia“ in Essen – Oper in NRW 07/16

Radikal feministisch
Dvořáks „Rusalka“ in Essen – Oper in NRW 04/16

Tosca im Schatten des Bösen
Tobias Heyder inszeniert Puccinis Opernkrimi in Gelsenkirchen – Oper in NRW 02/16

Puck packt sich annen Kopp
Brittens „A Midsummer Night‘s Dream“ im MiR – Oper in NRW 12/15

Gnadenlos bodenständig
Dortmund: Jens-Daniel Herzog inszeniert „Tristan und Isolde“ – Oper in NRW 10/15

Andere Zeiten, andere Sitten
Immo Karaman inszeniert Prokofjews „Der feurige Engel“ – Oper in NRW 08/15

Bye bye my love
Kölns Opernsanierung geht in die nächste Runde – Klassik am Rhein 08/15

Oper.

Hier erscheint die Aufforderung!