„Sverige är inget föregångsland“ („Schweden ist kein Vorbild“), schrieb eine 15-jährige Schwedin in einem kurzen Essay, das im Mai 2018 von der Tageszeitung „Svenska Dagbladet“ veröffentlicht wurde. Darin regte sie sich über Politiker auf, die im schwedischen Parlament das Gegenteil behauptet hatten und aus dieser Einschätzung gefolgert hatten, dass Schweden sich nicht selbst bemühen solle, die eigenen Emissionen weiter zu senken, sondern stattdessen dafür plädiert hatten, lediglich anderen Ländern bei deren Emissionsproblemen zu helfen.
Tatsächlich macht sich Schweden hinsichtlich seiner Treibhausgas-Emissionen, im europäischen Vergleich, gut. In der aktuellsten Vergleichsstudie der Europäischen Umweltagentur EEA findet sich Schweden mit einem Wert von 5,3 Tonnen CO2 pro Kopf und Jahr auf Platz zwei hinter Malta. (Zum Vergleich: EU-weiter Durchschnitt: 8,4. Deutschland: 11). Noch besser steht Schweden da, wenn man die Emissionen mit der Wirtschaftsleistung (in Form des BIP) ins Verhältnis setzt: Bei einem EU-weiten Durchschnittswert von 288 Tonnen CO2 pro Einheit des BIP, liegt Schweden mit Einem Wert von 114 mit Abstand auf dem ersten Platz (Deutschland: 289). Schweden schafft es demnach also, besser als alle anderen EU-Staaten, Wachstum mit Klimaschutz zu kombinieren und zeigt, dass sich die beiden Faktoren Wirtschaftskraft und Emissionen entkoppeln lassen.
Ein wichtiger Aspekt, in dem sich die Klimapolitik Schwedens von der vieler anderer Länder unterscheidet, ist seine hohe CO2-Steuer. Während in Deutschland noch über eine Einführung debattiert wird, wurde diese in Schweden bereits 1990 im Zuge einer umfassenden Steuerreform beschlossen. Beim Inkrafttreten der Steuer, 1991, lag der fällige Betrag bei umgerechnet 27 Euro pro Tonne CO2. Im Laufe der Jahre wurde sie stetig erhöht und liegt mittlerweile zwischen 110 und 120 Euro. (In Deutschland fordern die Grünen zur Einführung einen Betrag von 40 Euro pro Tonne.) Trotzdem gab es in Schweden keine Proteste gegen die neue Steuer. Diese Akzeptanz ist vor allem darauf zurückzuführen, dass gleichzeitig andere Steuern gesenkt wurden und mit den Einnahmen soziale Projekte unterstützt werden.
Während die EU CO2-Neutralität bis 2050 plant, will man sie in Schweden bis 2045 erreicht haben. Viel Energie wird in Schweden bereits heute durch Wasserkraft gewonnen und die Windenergie soll ausgebaut werden. Bedeutende Kohle- oder Gasvorkommen gibt es in Schweden nicht. Allerdings sind noch Atomkraftwerke in Betrieb und ein Ausstieg ist derzeit nicht mehr geplant.
Geplant sind hingegen einige Maßnahmen im Bereich des Verkehrs: So dürfen etwa ab 2030 keine Autos mit Verbrennungsmotoren mehr verkauft werden. Und in Schweden, das bislang noch ein Vielfliegerland ist, setzt sich immer stärker das Bewusstsein durch, dass auch Flugreisen klimaschädlich sind. Es hat sich der Begriff „Flygskam“ („Flugscham“) etabliert. Aus diesem Grund fährt etwa der ehemalige Biathlon-Olympia-Sieger Björn Ferry, der heute als TV-Sportkommentator arbeitet, ausschließlich mit dem Zug zu Wettkampfstätten, auch wenn sie im Ausland liegen.
Das Climate Action Network Europe hat alle EU-Staaten im Hinblick auf ihre Klimafreundlichkeit bewertet und ein Ranking erstellt. Schweden erreichte den zweiten Platz. Kritisiert wurden an Schweden der zu hohe Energieverbrauch pro Kopf sowie die Emissionen im Verkehrssektor. Der erste Platz in dem Ranking wurde demonstrativ freigelassen – wohl um zu zeigen, dass kein Land sich in Klimafragen schon wirklich vorbildlich verhält.
In diesem Sinne setzte sich übrigens die eingangs erwähnte 15-Jährige am 20. August 2018 vor den Reichstag in Stockholm. Neben sich hatte sie ein Schild aufgestellt, mit der Aufschrift „Skolstrejk för Klimatet“ („Schulstreik für das Klima“). Ihr Name: Greta Thunberg.
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