Kinokalender
Mo Di Mi Do Fr Sa So
18 19 20 21 22 23 24
25 26 27 28 29 30 1

12.582 Beiträge zu
3.811 Filmen im Forum

Es wird hart verhandelt! Szene aus „Habe die Ehre“ am Schauspiel Köln
Foto: David Baltzer

Zeit der neoliberalen Strippenzieher

26. Juni 2014

Der Bühnenverein warnt vor dem Freihandelsabkommen TTIP – Theater in NRW 07/14

Seit etwa einem Jahr wird im Nebel gestochert. Von den Verhandlungen über das Freihandelsabkommen zwischen Europa und den USA (TTIP) dringt kaum etwas nach außen. Geheim, geheimer, TTIP muss wohl die Steigerungsform heißen. Es ist die Stunde der neoliberalen Lobbyisten und Strippenzieher. Immerhin: Seit drei Politiker der Grünen das geheime Verhandlungsmandat der europäischen Delegation geleakt haben (www.ttip-leak.eu), wissen wir wenigstens, wie widersprüchlich dieses Mandat ist. Die clandestinen Machenschaften der Delegationen sorgen vor allem im Kultursektor für Nervosität. Im Februar hat Kulturstaatsministerin Monika Grütters Filmproduzenten vor einer sogenannten „Liberalisierungsverpflichtung der Kultur“ gewarnt, kurz darauf verbündeten sich so unterschiedliche Akteure wie das Netzwerk Attac und der Deutsche Kulturrat. Gerade hat der Deutsche Bühnenverein, der Lobby- und Arbeitgeberverband der Orchester und Theater, auf seiner Jahreshauptversammlung vehement vor einem Ausverkauf der öffentlichen Kulturförderung gewarnt.

Ziel des TTIP ist die Schaffung eines transatlantischen Marktes, der größten Freihandelszone der Welt durch Abbau von Zöllen und Vereinheitlichung von Regulierungsstandards. Diese Vereinheitlichung greift vor allem soziale, ökologische oder kulturelle Standards in Europa an. Für die Kultur könnte dies beispielsweise bedeuten, dass die öffentliche Subventionierung von Museen und Theatern, dass Filmförderung oder Buchpreisbindung, im gravierendsten Fall sogar der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Frage gestellt wären. Die Amerikaner wünschen sich nichts lieber, als ihren Giganten Amazon, Apple und Google eine Bresche in den geschützten Kultur- und Medienbereich zu schlagen. So könnte die öffentliche Förderung deutscher Orchester und Theater als unzulässige Subvention genauso gekippt werden wie die Buchpreisbindung. Die Verhandlungsposition der EU ist dabei mehr als ambivalent. Einerseits will man angeblich die öffentliche Kulturförderung bewahren, andererseits sollen in Zukunft Zuschüsse über 50 Millionen Euro an ein Theater oder Orchester in einem Notifizierungsverfahren in Brüssel auf ihre subventionsrechtliche Unbedenklichkeit geprüft werden. Der billige Witz am TTIP: Zum Freihandelsabkommen gehört ein Investorenschutzabkommen, das Konzernen ermöglichen soll, vor einem Schiedsgericht einen Staat auf entgangene Gewinne zu verklagen.

Zu denken gibt dabei, dass die USA bis heute die Unesco-Konvention zum Schutz der kulturellen Vielfalt nicht unterschrieben haben. Und dass das angeblich ausverhandelte Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada CETA bis heute nicht veröffentlich ist. Was im TTIP für die Kultur grundsätzlich zur Debatte steht, ist die Frage, ob der Staat für eine kulturelle Grundversorgung seiner Bürger einstehen darf. Ob jeder das Recht auf bezahlbare Kultur hat oder nicht. Dass sich die Gegner des TTIP ins Zeug legen, hat einen schlichten Grund: Nach Verhandlungsschluss 2015 will die EU-Kommission die Mitgliedsstaaten nicht mehr über den Vertrag abstimmen lassen. Wer jetzt nicht gegen TTIP mobil macht, hat die Kultur bereits preisgegeben.

HANS-CHRISTOPH ZIMMERMANN

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.

Neue Kinofilme

Konklave

Lesen Sie dazu auch:

Konzernmacht durch die Hintertür
40.000 tragen ihren Protest gegen TTIP und CETA auf die Straße – Spezial 09/16

„Diese Abkommen sind undemokratisch, unsozial, unökologisch“
Alexis Passadakis von Attac über TTIP, CETA und das Klimacamp bei Köln – Spezial 08/16

attac: Neoliberalismus ins Museum
Globalisierungskritiker deponieren Thatchers Handtasche im Forum NRW – Spezial 08/16

Zeit für die Ernährungswende
Der Kölner Ernährungsrat stemmt sich gegen falsche Trends – Spezial 03/16

CETA: Schrecken ohne Ende
Info-Veranstaltung zu Freihandelsabkommen in der Lutherkirche – Spezial 02/16

„Wir sind nicht gegen freien Handel – aber er muss transparent und fair sein“
Frank Immendorf von der Initiative „Kleine und mittelständische Unternehmen gegen TTIP“ – Thema 01/16 Gerecht Steuern

Ein Nein zum Freihandelsabkommen
Europaweiter Aktionstag gegen TTIP auch in Köln – Thema 10/14 Freier Handel

Alles unter Vorbehalt
Über die Gefahren für die kommunale Selbstbestimmung durch TTIP – THEMA 10/14 FREIER HANDEL

„TTIP ist die Büchse der Pandora“
Boris Loheide (attac) zu den dramatischen Dimensionen des EU/USA-Handels- und Investitionsschutzabkommens (TTIP) – global, wie lokal – Thema 10/14 Freier Handel

Demokratie im Handel
Workshop zum transatlantischen Handelsabkommen TTIP am 16.7.

Menschenrechte feiern
Mit Leidenschaft workshoppen auf dem Kölner Menschenrechtsfestival am 13.7.

Theater.

Hier erscheint die Aufforderung!