choices: Herr Plinz, was findet der Zoll in Köln?
Gerd Plinz: Bezüglich Produktpiraterie beschlagnahmen wir hier im Frachtverkehr des Flughafens Köln Bonn hauptsächlich Handys, Bauteile daraus, Uhren, Schmuck, elektronische Geräte und Spielzeuge.
Welchen Umfang hat diese Art der Einfuhr?
In 2010 haben wir Waren im Wert von 3,7 Millionen Euro beschlagnahmt. Als Originale wären sie natürlich ein Vielfaches wert.
Schnappen Sie dann auch die Fälscher?
Überwiegend kommen die gefälschten Artikel aus Asien, hier besonders aus China. Da kommen wir an die Firmen nicht dran. Wir stellen ein Produkt in der Regel sicher, wenn ein Antrag auf Grenzbeschlagnahmung vorliegt, die eine Firma, die in Deutschland produziert oder die Rechte auf das Originalprodukt hat, zuvor stellte. Wir senden dann das sichergestellte Material in die Firma, diese überprüft dann, ob es sich um eine Fälschung handelt. Wenn dem so ist, teilt die Firma dem Einführer mit, dass jene Produkte nicht eingeführt werden dürfen, weil sie urheberrechtlich geschützt sind, und schlagen dem Einführer die Vernichtung oder Ausfuhr der Ware vor, damit sie nicht in den deutschen Handel gelangen kann. Die Bearbeitung kann dann dem Einführer noch in Rechnung gestellt werden.
Was hat der Normalbürger von Ihnen zu befürchten?
Wenn Reisende Waren im Wert von unter 430 Euro einführen, passiert in der Regel nichts. Wenn ein Tourist zum Beispiel gerade aus der Türkei kommt und ein gefälschtes T-Shirt einführt, wird von unserer Seite nichts veranlasst. Es ist das persönliche Risiko jedes einzelnen, wenn man Gesundheitsschäden davonträgt, weil in dem Kleidungsstück Chemikalien enthalten sind, die auf dem europäischen Markt gar nicht zugelassen sind oder wenn das Kleidungsstück nach der ersten Wäsche einläuft. Wenn aber ein Reisender einen Koffer voller Jeans in allen möglichen Größen dabei hat, wo es klar ist, dass diese nicht allein für den persönlichen Bedarf eingeführt werden, dann werden diese von uns auch sichergestellt.
Beschlagnahmen Sie jedes Jahr etwa die gleiche Menge, oder nimmt die Produktpiraterie zu?
Wir stellen eine Steigerung fest. Im Jahr 2008 haben wir Waren im Wert von knapp 2,8 Millionen Euro beschlagnahmt. Dies bedeutet eine Steigerung innerhalb von zwei Jahren von über 30 Prozent.
Woran liegt das?
Heutzutage können Sie im Internet alles kaufen. Die Versuchung ist groß, hier ein vermeintliches Schnäppchen zu machen. Im Postverkehr finden wir inzwischen viele Fälschungen, weil die Menschen im Internet häufig bei ausländischen Firmen bestellen. Manchmal wird man dann schlicht betrogen. Sie haben ein Handy bestellt, und sie erhalten nur die Hülle, die mit einem Stück Eisen im Inneren beschwert wird.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Alles nur gefälscht
Kopien, Imitationen, Fälschungen – THEMA 10/11 ALLES, WAS ECHT IST
„Nicht nur für die oberen Zehntausend“
Thomas Giel und Klaus Hebold über gesellschaftliche Trends und Schönheitschirurgie – Thema 10/11 Alles, was echt ist
„Guttenberg hat meine Welt verändert“
Debora Weber-Wulff über Plagiate im Wissenschaftsbetrieb – Thema 10/11 Alles, was echt ist
„Plagiate können zur Gefahr werden“
Christine Lacroix über Produktpiraterie und das Museum Plagiarius in Solingen – Thema 10/11 Alles, was echt ist
„Viele Spiele haben noch einen sehr infantilen Touch“
Teil 1: Interview – Medienpädagoge Martin Geisler über Wandel in der Videospiel-Kultur
„Genießen der Ungewissheit“
Teil 2: Interview – Sportpädagoge Christian Gaum über das emotionale Erleben von Sportevents
„Ich muss keine Konsequenzen fürchten“
Teil 3: Interview – Spieleautor und Kulturpädagoge Marco Teubner über den Wert des Spielens
„Die Bürger vor globalen Bedrohungen schützen“
Teil 1: Interview – Politikwissenschaftler Oliver Treib über Aufgaben und Zukunft der Europäischen Union
„Mosaik der Perspektiven“
Teil 2: Interview – Miriam Bruns, Leiterin des Goethe-Instituts Budapest, über europäische Kultur
„Der Verkauf des Kaffees nach Europa ist gestoppt“
Teil 3: Interview – Sebastian Brandis, Sprecher der Stiftung Menschen für Menschen, über das EU-Lieferkettengesetz
„Tiefseebergbau ohne Regularien wäre ganz schlimm“
Teil 1: Interview – Meeresforscher Pedro Martinez Arbizu über ökologische Risiken des Tiefseebergbaus
„Wir müssen mit Fakten arbeiten“
Teil 2: Interview – Meeresbiologin Julia Schnetzer über Klimawandel und Wissensvermittlung
„Entweder flüchten oder sich anpassen“
Teil 3: Interview – Klimaphysiker Thomas Frölicher über ozeanisches Leben im Klimawandel
„Es liegt nicht am Gesetz, Kriminalität zu verhindern“
Teil 1: Interview – Kriminologe Dirk Baier über Gewaltkriminalität und Statistik
„Prüfen, ob das dem Menschen guttut“
Teil 2: Interview – Publizist Tanjev Schultz über ethische Aspekte der Berichterstattung über Kriminalfälle
„Eltern haben das Gefühl, sie müssten Buddhas werden“
Teil 3: Interview – Familienberaterin Nina Trepp über das Vermeiden von psychischer Gewalt in der Erziehung
„Ernährungsweisen verändern, ohne Zwang“
Teil 1: Interview – Tierethikerin Friederike Schmitz über vegane Ernährung
„Naturschutz wirkt“
Teil 2: Interview – Biologin Katrin Böhning-Gaese über Biodiversität, Wildtiere und Naturschutz
„Sie verstehen uns“
Teil 3: Interview – Tierhistorikerin Mieke Roscher über die Beziehung zwischen Menschen und Tieren
„Was nicht erlaubt ist: Druck ausüben“
Teil 1: Interview – Autor Sebastian Schoepp über Freundschaften
„Bin ich eifersüchtig oder eher neidisch?“
Teil 2: Interview – Paarberaterin Sonja Jüngling über sexuelle Kontakte außerhalb einer Paarbeziehung
„Mit dem ersten Kind nimmt die Ungleichheit zu“
Teil 3: Interview – Soziologe Kai-Olaf Maiwald über Ehe, Familie und Geschlechterverhältnisse
„Mehr Umsatz, mehr Gesundheit“
Teil 1: Interview – Unternehmer Martin Gaedt über die Vier-Tage-Woche
„Das kann man mit keiner Gerechtigkeitstheorie erklären“
Teil 2: Interview – Historiker Marc Buggeln über Steuerpolitik und finanzielle Ungleichheit in Deutschland
„Die Gesellschaft nimmt diese Ungleichheiten hin“
Teil 3: Interview – Soziologe Klaus Dörre über Armutsrisiken und Reichtumsverteilung