Mittwoch, 7. Dezember: Seit zwei Jahren schon präsentiert der NRW-Landtagsabgeordnete der Grünen Arndt Klocke in regelmäßigen Abständen in Kölner Kinos die Reihe „Grünes Kino“, in der im Anschluss an die Vorführung eines Films mit gesellschaftlich relevanter Thematik mit Fachleuten und dem Publikum diskutiert werden kann. Dieses Mal hatte Klocke nach der Vorführung des Films „Der Fall Chodorkowski“ von Cyril Tuschi im cinenova Prof. Gerhard Simon eingeladen, um über die Dokumentation über den politischen Häftling Michail Chodorkowski mit den Zuschauern zu sprechen und die Zusammenhänge näher zu erläutern.
Simon lehrt als Historiker an den Universitäten von Köln und Bonn und engagiert sich für das am Neumarkt beheimatete „Lew Kopelew Forum“, einer zivilgesellschaftlichen Organisation, die Veranstaltungen zur gegenwärtigen Situation in Russland durchführt, von politischen Themenabenden bis hin zu kulturellen Events. Die durch die nur wenige Tage zuvor erfolgten russischen Parlamentswahlen sehr aktuelle Veranstaltung stieß beim Publikum auf reges Interesse. Prof. Simon attestierte dem Filmemacher Tuschi, dass dessen Dokumentation den Selbstdarstellungen Chodorkowskis in dessen publizierten Briefen aus der Haft sehr genau entspreche. Der Historiker führte aus, dass der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Ölfirma Jukos anders als der berühmte Namenspatron des „Lew Kopelew Forums“ kein russischer Dissident sei, sondern seit seiner frühesten Jugend etwas aus seinem Leben machen wollte und deswegen aus eigenem Antrieb zu einem der mächtigsten Oligarchen seines Landes aufgestiegen sei.
Als 1998 die russische Wirtschaft zusammenbrach und der Rubel entwertet wurde, fand nach Ansicht von Prof. Gerhard Simon bei Chodorkowski ein Umdenken statt, da er sich seiner Verantwortung gegenüber den Menschen bewusst wurde, die zu jener Zeit von ihm abhängig waren. Auch in Tuschis Film wird dieser Wandel angesprochen. Simon dazu: „Chodorkowskis Veränderungen sind ein Reflex auf die Veränderungen, die Russland in den letzten 20 Jahren selbst durchlaufen hat.“ Bezüglich der Steuerhinterziehungsvorwürfe, die zu Chodorkowskis Inhaftierung führten, erläuterte der Professor, dass der Manager lediglich Steuerschlupflöcher ausgenutzt habe, wie es in einem kapitalistischen System die meisten Unternehmer tun würden. Russland habe in jener Zeit einer juristischen Wüste geglichen, in der viele Dinge finanziell einfach nicht hinreichend reguliert gewesen seien.
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