„Der Pas-de-deux im Tanz und das Duo der Partnerakrobatik stehen beide für Grazie, Perfektion und Virtuosität, sind beide aber recht slick, clean und sauber“, sagt Choreograph Tim Behren. Wenn die Gruppe Overhead Project für ihre neue Produktion „Blueprint“ genau diese Form wählt, nämlich die Begegnung zwischen einer Tänzerin und einem Artisten, dann zapfen sie zum einen die eigene DNA an, denn aus der Begegnung beider physischen Ausdrucksformen ist die Gruppe überhaupt entstanden. Zum anderen vollenden sie damit ihre Trilogie „Mensch, Hyperobjekt, Transformation“. Hatte sich „Circular Vertigo“ mit der Begegnung von Mensch und Objekt in Gestalt der Tänzerin Mijin Kim und einem von der Decke hängenden Seitpferd beschäftigt, ging es in „Greenroom“ um die Materialität der Dinge und dem umgebenden Raum, in diesem Fall einer Holzwerkstatt. „Blueprint“ beschäftigt sich nun ganz basal mit der „menschlichen Begegnung von Körpern und Blicken“.
Der Titel, so Choreograph Tim Behren, verweise auf den „Bauplan, wie wir Körper lesen“: „Wir haben uns mit Gesten von Menschen befasst und da ganz besonders mit den Gesten der Einladung und der Provokation“. Dabei geht es um unterschiedlichste „Modi des Miteinanders von Konkurrenz bis zur Komplizenschaft“. Die Gruppe hat sich in der Recherche dazu auch mit zwei Expert:innen getroffen, einer Dirigentin und einer Dragqueen. Man braucht nicht viel Fantasie, um den politischen Subtext unter „Blueprint“ zu erkennen. Im Duett der Tänzerin Mijin Kim mit dem Akrobaten Leon Börgens geht es um weit mehr als die Demonstration unterschiedlicher Formen von Virtuosität. Das tänzerisch-akrobatische Duo verkörpert grundlegende traditionelle Lesarten der Geschlechter, wie der Begegnung von Mann und Frau: wer von beiden führt, wer folgt; wer stemmt, wer schwebt. Damit einher gehen Lesarten von Körperbildern, von vermeintlich starken und schwachen, von muskulösen und grazilen Körpern. „Wir haben Lust“, so Tim Behren, „mit Humor und Witz draufzuschauen, was passiert, wenn wir diese traditionellen Lesarten umdrehen“ – wenn also zum Beispiel die Frau den Mann trägt. Ein Experiment, das schon in der Produktion „What is left“ aus der Serie „Geometrie und Politik“ zu erstaunlichen und beeindruckenden Ergebnissen geführt hat.
Blueprint | 15., 16.3. | Tanzfaktur, Außenspielstätte Technologiepark (Produktion: Studiobühne Köln) | 0221 470 45 13
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