Seit gut zehn Jahren produziert die Kölner Fernsehproduktionsfirma Broadview TV Dokumentarfilme. Mit dem kürzlich gestarteten „Klitschko“ begab sich das Unternehmen erstmals auf die große Leinwand. Regisseur Sebastian Dehnhardt zeichnet sich neben Produzent Leopold Hoesch als Geschäftsführer verantwortlich.
choices: Welche Themen sind für Sie als Dokumentarfilmer besonders interessant?
Sebastian Dehnhardt: Mich interessiert alles, was mit Zeitgeschichte zusammen hängt. Wahre Geschichten. Und die Geschichte dahinter: „Klitschko“ ist kein Film übers Boxen, das ist eigentlich eine Coming-of-Age-Story, in dem es um zwei kleine Jungs geht, die ihre Träume erleben. Da geht es um Werte. Das Boxen ist eigentlich eher austauschbar. Ich habe einen Film gemacht über das Wunder von Bern. Das ist auch kein Film über Fußball, sondern über nationale Identität. Das sind die starken Stoffe, die eine tolle Metaebene haben.
Wie erklären Sie sich den wachsenden Einzug des Dokumentarfilms ins Kino?
Ich glaube, dass dem Kinogänger mittlerweile klar geworden ist, dass Dokumentationen auch sehr unterhaltsam sein können. Dass viele Leute vor dem Begriff nicht mehr so zurück schrecken. Der Wegbereiter dafür ist das Fernsehen gewesen. Allen voran haben sich die öffentlich-rechtlichen Sender irgendwann in den 90 Jahren getraut, Dokumentarfilme auch zur Primetime zu senden. Man hat sich technisch weiter entwickelt, ist moderner geworden. Reenactment wurde professionalisiert, bei manchen Produktionen hat das bereits Spielfilmcharakter. Es ist auch mehr Geld in die Hand genommen worden, um solche Programme zu finanzieren. Da muss man wirklich lobend auf das öffentlich-rechtliche Fernsehen verweisen. Auch die britische BBC war so ein Vorreiter, die haben die große Doku hoffähig gemacht.
Wie lautet Ihr Rezept?
Wir sind sehr sensitiv. Wir gehen sehr sorgfältig mit den Inhalten um, geben den Themen Tiefe und schaffen es, Leute zu berühren, es touchy zu machen.
Besteht da nicht schnell die Gefahr, im Kitsch zu landen?
Emotionen sind ganz besonders wichtig im Dokumentarfilm. Im Grunde arbeiten wir so, dass wir dieselben dramaturgischen Gesetzmäßigkeiten fiktionaler Filme auch bei der Doku anwenden. Das gilt für Figuren, Wendepunkte, den Spannungsbogen. Und Film als Medium zielt auf die Emotionen, insofern muss man das auch bedienen. Und da muss man ein Gespür dafür haben, was geht und was nicht.
Haben Sie je überlegt, einen Spielfilm zu inszenieren?
Wir haben ein fiktionales Projekt gefunden, das mich reizt. Ein schöner Stoff – der auf einer wahren Begebenheit beruht.
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