„Der Klang des Lebens“ war eine Dokumentation benannt, die im vergangenen Jahr den Weltklasse-Geiger Daniel Hope portraitierte und mit ihm auf die Reise ging, immer auch auf der Suche nach den eigenen Wurzeln, nach „Heimat“. Nach seiner mehrere Stationen umfassenden „Residency“ in der Philharmonie Essen widmet sich Hope diesem Thema in einem entsprechend unkonventionellen genre-übergreifenden Theater/Konzert, das großformatig ausufert wie ein Musiktheater-Abend auf dem grünen Hügel in Bayreuth: Zwei jeweils einstündige Pausen zwischen den drei Akten seines „Sommernachtstraumes“ sind dabei eingeschlossen.
Daniel Hope tanzt auf allen Festen mit Musik. Er moderiert regelmäßig Klassiksendungen im Radio. Er wirkt seit zwei Jahren als Künstlerischer Leiter beim renommierten Zürcher Kammerorchester. Im nächsten Jahr bestimmt er weitgehend das üppige Musikprogramm in der Dresdner Frauenkirche. Nebenbei gastiert er auf der ganzen Welt als Violinsolist erster Güte mit den berühmtesten Orchestern. Drei Bücher hat er geschrieben, eines sehr persönlich über die eigene deutsch-jüdische Familiengeschichte, zwei über die Wege zur klassischen Musik. Nach seiner Zeit in London und in Wien hat der in Südafrika geborene Musiker nun seine Zelte in Berlin aufgeschlagen, für ihn das aktuelle Zentrum der europäischen Kultur.
Sowohl seine Großeltern wie seine Eltern mussten aus politischen Gründen ihre Heimat verlassen. Für Hope, so äußerte er im Interview, wurden erstmals in Europa Heimatgefühle geweckt beim Anblick der Schweizer Alpen. Denn in Gstaad hatte der große Geiger und Pädagoge Yehudi Menuhin für Hopes Familie eine neue Heimat eingerichtet, Mutter Hope arbeitete sogar als Menuhins Sekretärin. Der Maestro bezeichnete sich selbst gern als Hopes „musikalischer Großvater“. Gelernt hat er bei ihm besonders die künstlerische Freiheit, die Neugier auf das Neue und das Alte. Hope bezeichnet sich gern als „musikalischen Aktivisten“, das meint auch, sich mit Musik einzumischen und Stellung zu beziehen.
So interessiert sich der Geiger in seinem großen Essener Finale nicht nur für die eigene Geschichte, sondern setzt der eigenen Geborgenheit in unbeschwerter Kindheit die nicht nur historischen Begriffe Flucht und Vertreibung entgegen – auch fundamentale Bestandteile der Hope-Familiensaga. Dazu erklingen Musiken von Erich Wolfgang Korngold, einem nach Amerika vertriebenen Komponisten, oder Erwin Schulhoff, der im Konzentrationslager ermordet wurde. Auf Strawinskys „Geschichte vom Soldaten“ folgt die „Proletenpassion“ der Politrocker Schmetterlinge, die an die wilden 68iger erinnert und interdisziplinär das Schauspiel Essen auf den Plan ruft. Katja Riemann als Schauspielerin und Thomas Quasthoff als Erzähler werden in das Geschehen eingebunden, und Vater Christopher Hope liest aus den „Familienstücken“ seines Sohnes Daniel. „Vieles, was ich seither getan habe, geht darauf zurück“, meint Daniel Hope. „Dieses Buch hat so viel bewirkt – all die Dinge, die ich herausgefunden habe.“
Ein Sommernachtstraum: Heimat | Sa 23.6. 18 Uhr | Philharmonie Essen | 0201 81 222 00
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