Bernadette Heiermann
ist Architektin und be-
treibt ein Büro mit Sitz
im Georgsviertel.
choices: Frau Heiermann, wie würden Sie das Areal um das ehemalige Archivgelände am Waidmarkt vor dem Einsturz des Stadtarchivs aus städtebaulicher Sicht charakterisieren?
Bernadette Heiermann: Das Archiv lag in einem Abschnitt der Severinstraße, der bislang geprägt war von Bauten aus den 1950er bis 70er Jahren, mit zum großen Teil öffentlichen Nutzungen wie das Friedrich-Wilhelm-Gymnasium oder das ehemalige Polizeipräsidium und das Archivgebäude. Wohnnutzung gab es kaum. Nach Schul- bzw. Büroschluss war die Severinsstraße hier unbelebt und fast gesichtslos. Ein Quartier hat sich zwischen dem Kopf der Severinsbrücke und dem Blaubach nie gebildet.
Welche Verbesserungen bieten sich an?
Die Frage ist, ob die fehlende Quartiersbildung mit der Entwicklung des Ortes „geheilt“ werden kann und was dann die Identität dieses Quartiers ausmachen könnte. Ich sehe den Ort dabei als einen Baustein von mehreren. Einbeziehen muss man die zukünftige Bebauung am Waidmarkt auf dem ehemaligen Gelände der Polizeidirektion und die Chancen der Öffnung des Areals in Richtung Rhein.
Bernadette Heiermann
ist Architektin und be-
treibt ein Büro mit Sitz
im Georgsviertel.
Sind die gestalterischen Spielräume groß?
Die Möglichkeiten sollten generell erst einmal vollständig offen gehalten werden. Alles andere würde die angekündigte Bürgerbeteiligung in Frage stellen. Auf der Hand liegt eine mögliche Option für die beiden Gymnasien, Friedrich-Wilhelm und Kaiserin-Augusta. Beide kooperieren eng miteinander, eine künftige gemeinsame Nutzung von Areal an dieser Stelle wäre nahe liegend, eine Nutzung des neuen Raums durch die Bürger wünschenswert. Unverständlich ist der Druck, den sich die Stadt selbst ohne Not auferlegt. Sie will bereits im Vorfeld möglichst viel festzurren. Das erweckt den Eindruck, dass Politik und Verwaltung die offene Diskussion und den offenen Raum kaum aushalten können.
Sollte das Thema U-Bahn-Bau/Archiveinsturz bei den Planungen Berücksichtigung finden?
Wichtig zuallererst ist, dass sich die Stadt und die Bürgerschaft die Zeit nehmen, aus den gemachten Fehlern zu lernen und nicht aktionistisch möglichst schnell Antworten und angebliche Lösungen für den Ort festzurren. Viel wichtiger noch als ein möglicher Gedenkraum ist für mich der nun angeschobene Denk- und Entwicklungsprozess. Vorstellbar wäre, dass der Ort eine Zeitlang von den Schulen gemeinsam mit Künstlern bespielt wird. Verschiedene temporäre Nutzungen kultureller Art kann man sich vorstellen. Es wäre doch schön, wenn sich das Gedenken an das Unglück, an die beiden Toten und das verlorene Vertrauen der Bürger in einer wieder gewonnenen, lebendigen, durch Offenheit geprägten Bürgerbeteiligungskultur manifestieren könnte.
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