Wenn der Turbokapitalismus langsam die Gesellschaft zerfrisst, dann wird es Zeit andere Wege einzuschlagen. Kultur ist nicht die Antwort, aber ein Handlungsstrang, der vielleicht eine Weichenstellung verursachen kann. Die Freie Volksbühne Köln versteht sich deshalb auch als Teil einer über hundert Jahre alten Tradition, Theater frei von Zensur und frei von finanziellen Zwängen zu ermöglichen. Und so bieten sie in Köln Veranstaltungen aus allen kulturellen Bereichen (Theater, Oper, Musik, Kabarett, Bildende Kunst, Tanz und (!) Stadtgeschichte) an, zu günstigen Preisen und als Dienstleister in Sachen Entdeckung, Geheimtipp und persönlicher Auswahl. Auch das ist ein Mittel zur gesellschaftspolitischen Auseinandersetzung und fördert Kultur als Allgemeingut, an dem jedermann teilhaben sollte.
Schauen wir im Januar mal ins Programm. Der Turbokapitalismus findet sich sofort in „Zeit der Kannibalen“ im Theater der Keller. Dort wüten erst die Unternehmensberater in den Dritten Welten und am Schluss die Bewaffneten durchs schicke Viersterne-Hotel im nur scheinbar unentwickelten Niemandsland. Dazwischen lernen wir etwas über zeitgenössische Unternehmenskultur. Wer es etwas lustiger (oder besser noch lustiger!) mag, dem sei unbedingt „Trude Herr – oder: Es ist besser, in der Sahara zu verdursten, als in Köln-Lindenthal zu sitzen und auf die Rente zu warten“ im Theater im Bauturm empfohlen. Immer noch ist deren „Ich will keine Schokolade“ werbetechnisch tauglich, immer noch leuchtet der Mythos Trude Herr (1927-1991) über der Domstadt. Im Theater im Vringsveedel hat sie das Volkstheater neu erfunden. Frivol, plärrend, aber immer extraordinär. Vielleicht eine deutsche Vision, vielleicht eine in ihrer Zeit unverstandene One-Woman-Performance. Nicht ganz verwunderlich, dass ihre Rolle mit einem Mann (Matthias Buss) besetzt werden musste. Frau Herr hätte das gefallen.
In dieser großen Spannbreite fördert die Freie Volksbühne mit ihren Abo-Paketen nicht nur Kunst und Kultur, sondern auch die Veranstalter.
Freie Volksbühne Köln e.V. | volksbuehne.de
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Besiegt Vernunft die Leidenschaft?
„Orlando“ an der Oper Köln – Oper in NRW 11/24
Die Gefahren der Liebe
„Die Krönung der Poppea“ an der Oper Köln – Oper in NRW 05/24
Ein Schluck auf die Liebe
„Der Liebestrank“ an der Oper Köln – Oper in NRW 11/23
Lynchmord in New Orleans
Uraufführung von „The Strangers“ an der Oper Köln – Oper in NRW 09/23
Komplexer Märchenstoff
„Die Frau ohne Schatten“ in der Oper Köln – Oper in NRW 08/23
Bedrohung aus dem Inneren
Uraufführung von „La bête dans la jungle“ an der Oper Köln – Oper in NRW 04/23
Des Seemanns Apokalypse
„Der fliegende Holländer“ an der Oper Köln – Oper in NRW 03/23
Verblendete Väter
„Luisa Miller“ an der Oper Köln – Oper in NRW 02/23
Liebe und Göttliche Aufträge
„Les Troyens“ an der Oper Köln – Oper in NRW 09/22
Im Stil der Commedia dell‘arte
„Il Barbiere di Siviglia“ an der Oper Köln – Oper in NRW 06/22
Was in die Stadt passt
Hein Mulders erste Spielzeit an der Oper Köln – Bühne 06/22
Inspirierende Heldengeschichten
R(h)einhören in der Oper Köln
Selbsterwählte Höllen
„Posthuman Condition“ am FWT – Theater am Rhein 11/24
Biografie eines Geistes
„Angriffe auf Anne“ am Theater der Keller – Theater am Rhein 11/24
Tanzen gegen Rassentrennung
„Hairspray“ am Theater Bonn – Theater am Rhein 11/24
„Die Hoffnung muss hart erkämpft werden“
Regisseur Sefa Küskü über „In Liebe“ am Orangerie Theater – Premiere 11/24
Kampf gegen Windmühlen
„Don Quijote“ am Theater Bonn – Prolog 11/24
Keine Macht den Drogen
„35 Tonnen“ am Orangerie Theater – Prolog 10/24
Die Maximen der Angst
Franz Kafkas „Der Bau“ in der Alten Wursterei – Theater am Rhein 10/24
Die ultimative Freiheit: Tod
„Save the Planet – Kill Yourself“ in der Außenspielstätte der TanzFaktur – Theater am Rhein 10/24
Wenn das Leben zur Ware wird
„Hysterikon“ an der Arturo Schauspielschule – Prolog 10/24
Spam, Bots und KI
„Are you human?“ am Theater im Bauturm – Prolog 10/24
Wege in den Untergang
„Arrest“ im NS-Dokumentationszentrum Köln – Theater am Rhein 10/24
Die KI spricht mit
Franz Kafkas „Der Bau“ in der Alten Wursterei in Köln – Prolog 10/24
Diskussion ohne Ende
„216 Millionen“ am Schauspielhaus Bad Godesberg – Auftritt 10/24