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Foto: Bettina Stöß

Zwischen Begierde und Tabu

22. April 2025

„Spring Awakening“ am Jungen Theater Bonn – Prolog 04/25

Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern gilt Deutschland eigentlich nicht als prüde. Doch wenn es um die Aufklärung der eigenen Kinder geht, werden viele Eltern auf einmal ebenso nervös wie vor rund 130 Jahren. In seinem gesellschaftskritisch-satirischen Drama „Frühlings Erwachen“ von 1891 erzählt Franz Wedekind die Geschichte mehrerer Jugendlicher, deren sexuelle Neugier auf die Tabuisierung und der Intoleranz der Erwachsenen trifft. Der Text, der noch 2009 in Zürich zur Anklage eines Lehrers wegen angeblicher Weitergabe pornografischen Materials führte (er hatte Wedekinds Drama im Unterricht besprochen), gewann als Musical-Fassung mit alter Handlung und modernen Songs am Broadway neue Popularität und u.a. acht Tony Awards. Jetzt bringt das Junge Theater Bonn diese Version in Kooperation mit dem Theater Bonn auf die Bühne – und stemmt damit die wohl größte Produktion des Hauses.

Im Mittelpunkt von „Spring Awakening“ stehen der rebellische Melchior und seine Freunde, die alle auf ihre Weise mit den emotionalen und hormonellen Stürmen der Pubertät zu kämpfen haben. Erregende Fantasien und die ersten sexuellen Erfahrungen (inkl. einer homoerotischen Szene) treffen auf Missbrauch, Abtreibung und Suizid. Kein leichter Stoff, erst recht nicht für ein Ensemble, das mit 16- bis 22-Jährigen besetzt ist. „Das stimmt, aber man muss die Jugendlichen auch ernst nehmen“, betont Regisseur Bernard Niemeyer, der in der Vergangenheit viele Klassiker am Jungen Theater inszeniert hat und kürzlich mit „Hairspray“ am Theater Bonn einen großen Erfolg feierte. „Heute beginnt die Aufklärung ja schon ganz vorsichtig in der Grundschule und wird dann nach und nach konkreter – in vielen anderen Ländern ist die Tabuisierung noch viel stärker ausgeprägt. Trotzdem tun sich ausgerechnet Eltern immer noch schwer damit, mit ihren Kindern über Sexualität zu sprechen. Das hat schon Wedekind kritisiert.“ Und bei den Proben lief das besser? „Zumindest gab es einige sehr offene Gespräche“, so Niemeyer. „Natürlich ist es immer ein Drahtseilakt, solche Stoffe zu erarbeiten, aber das gesamte Ensemble hat sich als unglaublich diszipliniert erwiesen. Das ist auch gut so, denn letztlich sind es die Jugendlichen, die den ganzen Abend wuppen, die tanzen, singen, spielen und nebenher noch die Bühne umbauen. Das ist schon eine Wahnsinnsleistung.“

Spring Awakening | 25. (P), 26., 27.4., 16., 17., 18.5., 13.6. | Junges Theater Bonn | www.jt-bonn.de

Thomas Kölsch

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