Mittwoch, 17. April: In den 80er Jahren sorgte der bayerische Kletterer Stefan Glowacz zum ersten Mal für internationales Aufsehen, als er mit gerade mal 22 Jahren den „Rock Master“ in Arco in Italien gewann. Einige weitere Siege, ein Vizeweltmeistertitel und ein sensationeller Auftritt in Werner Herzogs Freeclimber-Film „Schrei aus Stein“ folgten, bevor Glowacz seine Profikarriere beendete. Seitdem ist er aber weiterhin als Felskletterer aktiv und hat im Team mit Holger Heuber und dem mittlerweile verstorbenen Kurt Albert so manche extreme Herausforderung an den steilsten Gipfeln dieser Erde angenommen. Von einer dieser Expeditionen berichtet der Film „Jäger des Augenblicks – Ein Abenteuer am Mount Roraima“, den Glowacz und Heuber nun in einer Preview im Kölner cinenova vorstellten. Sechs Jahre hatten die Dreharbeiten für das Projekt gedauert, bei dem die Filmemacher den Extremkletterern mit den Kameras unglaublich nahe kamen und dem Zuschauer so faszinierende Bilder präsentieren konnten.
Für Stefan Glowacz ist das, was dabei herausgekommen ist, nicht einfach nur ein Film, sondern „eine Herzensangelegenheit“. Es erfülle ihn mit Stolz, „jetzt hier zu stehen und die Reaktionen im Publikum zu hören“. Bei den Dreharbeiten kamen jeweils immer zwei Kameramänner zeitgleich zum Einsatz, die übereinander am Fixseil neben den Kletterern hingen und deren Aktionen mit zwei Kameras parallel einfingen – mit einer aus der Totalen, mit der anderen im Detail. So konnte vermieden werden, dass Szenen wiederholt werden mussten, um eine alternative Kameraeinstellung zu bekommen. Nachteile der ständigen Beobachtung und durch die räumliche Nähe zum Filmteam waren dabei aber auch nicht von der Hand zu weisen. Holger Heuber fasste das so zusammen: „Egal, was wir von uns gegeben haben, wurde auf Bild und Ton gebannt. Die Filmemacher hätten uns richtig in die Pfanne hauen können – sie hatten es am Schnittplatz in der Hand.“ Dennoch sind die beiden Kletterer mit dem, was man nun im fertigen Film zu sehen bekommt, sehr zufrieden. Beide erkennen sich in ihren Handlungen und ihrer Art auf der Leinwand wieder.
Die im Film dokumentierte Besteigung des Mount Roraima zwischen Guyana, Brasilien und Venezuela, gelang den Kletterern aufgrund schlechter Wetterverhältnisse erst im zweiten Anlauf. Tragischerweise kam Kurt Albert zwischen den beiden Versuchen und damit mitten in den Dreharbeiten bei einer an sich ungefährlichen Besteigung am Höhenglücksteig in der Nähe von Hirschbach ums Leben. Auch das wird im Film thematisiert. Heuber merkte dazu im cinenova an: „Wir sind durch das, was passiert ist, noch näher zusammengerückt.“ Für ihn steht außer Frage, dass es sich bei Mount Roraima nicht um die letzte gemeinsame Expedition mit Stefan Glowacz gehandelt habe. Glowacz antwortete auf die Publikumsfrage, ob es nun schon wieder Ideen für neue Projekte gäbe, dass sie „Kletterprojekte in Hülle und Fülle“ hätten, darüber aber nicht sprechen wollten, denn „der Feind hört mit.“ Nachdem sie in den zurückliegenden sechs Jahren ihre Aktivitäten stets nach dem Filmprojekt ausgerichtet hatten, sind sie nun aber erst einmal froh, dass dieser äußere Druck wegfällt und sie sich unabhängig davon wieder in neue Abenteuer stürzen können.
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