Colonia Dignidad - Es gibt kein Zurück
Deutschland, Luxemburg, Frankreich 2015, Laufzeit: 110 Min., FSK 16
Regie: Florian Gallenberger
Darsteller: Emma Watson, Daniel Brühl, Michael Nyqvist, Richenda Carey, Vicky Krieps, Jeanne Werner, Julian Ovenden, August Zirner
>> www.coloniadignidad.de
Publikumswirksame Geschichtsstunde
Sekte des Grauens
"Colonia Dignidad" von Florian Gallenberger
Interview mit der Darstellerin Vicky Krieps
Florian Gallenberger (seit „Quiero Ser“ 1999 einer der jüngsten deutschen Oscar-Preisträger) hat sich in den letzten Jahren mit seinen Filmen darauf spezialisiert, wenig bekannte Aspekte der deutschen Geschichte in anderen Ländern für ein hiesiges Publikum wieder ins Gedächtnis zu rufen. Das ist ihm zuletzt 2009 mit „John Rabe“ sehr gut gelungen, über den ein wahrer Preisregen hereinbrach und der das Leben des deutschen Kaufmanns Rabe im China der 30er Jahre Revue passieren ließ. Auch „Colonia Dignidad“ beruht in seinen Grundkonstellationen wieder auf tatsächlichen Begebenheiten, die sich zu Beginn der 70er Jahre in Chile abspielten, als die demokratisch gewählte Regierung Salvador Allendes durch den General Pinochet gestürzt wurde. Im Film ist es der deutsche Fotograf Daniel (Daniel Brühl), der für die Allende-Befürworter Plakate entwarf und beim Militärputsch deswegen ins Visier der neuen Machthaber geriet. Seine Freundin Lena (Emma Watson), eine deutsche Stewardess, erfährt von Daniels Verbündeten, dass er als politischer Gefangener wohl in die „Colonia Dignidad“, eine streng religiöse deutsche Sekte im Süden Chiles, verschleppt wurde, die eng mit dem Geheimdienst des Landes zusammenarbeitet. Da Daniel niemand helfen kann oder will, meldet sich Lena freiwillig als neues Mitglied bei der Sekte an, weil sie sich erhofft, ihren Freund so zu finden und ihm die Flucht zu ermöglichen.
Die Tonalität von Florian Gallenbergers Film wandelt sich gehörig, als das Setting von den Straßenunruhen in Santiago de Chile in die unheimliche Enklave der Sekte wechselt. Hier bedient der deutsche Regisseur eher aus dem Genre bekannte Spannungsmechanismen, wenn er die Sektenoberhäupter wie Bösewichte aus einem James-Bond-Film inszeniert und damit dieses düstere Kapitel der Menschheitsgeschichte als nervenaufreibenden Krimi vor realem Hintergrund nacherzählt. Denn die „Colonia Dignidad“ war ein Ort der Folter, des Missbrauchs und der Unmenschlichkeit, deren erbarmungsloser Führer Paul Schäfer (Michael Nyqvist) über Jahrzehnte hinweg seinen kriminellen Machenschaften nachgehen konnte und trotz Kenntnis der Weltöffentlichkeit bis 2004 unbehelligt blieb. Dass die beiden Protagonisten fiktive Figuren sind, merkt man Gallenbergers Film leider mitunter etwas an, weil die Liebesgeschichte zwischen den beiden gut besetzten Stars in den Hauptrollen nicht unbedeutend ist. Auch ohne diese Fiktionalisierungen wäre man sicherlich schnell von der unglaublichen Geschichte gepackt gewesen. Trotz dieser kleineren Abstriche ist es Gallenberger hier auf hollywoodtypische Weise gelungen, einen bis in die letzten Szenen hinein spannenden Film zu kreieren, der die Atmosphäre innerhalb der Sekte wohl recht authentisch einzufangen versteht und so wieder ins Bewusstsein seiner Zuschauer bringt.
(Frank Brenner)
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