Der Pfau
Deutschland, Belgien 2022, Laufzeit: 105 Min., FSK 12
Regie: Lutz Heineking Jr.
Darsteller: Lavinia Wilson, Serkan Kaya, Tom Schilling, David Kross, Jürgen Vogel, Svenja Jung, Annette Frier, Philip Jackson
>> tobis.de/titel/der-pfau
Witzige Gesellschaftssatire
Geflügel-Krimi
„Der Pfau“ von Lutz Heineking junior
In den letzten Jahren haben die bewusst auf wenige Protagonisten und Orte reduzierten Whodunnit-Krimis Agatha Christies ein erfolgreiches Revival erfahren. Der gefeierte Shakespeare-Interpret Kenneth Branagh hat mit „Mord im Orient-Express“ und „Tod auf dem Nil“ gleich zwei Romane der Krimilegende stargespickt neu verfilmt, und Rian Johnson hat mit „Knives Out – Mord ist Familiensache“ das Grundthema so originell und kurzweilig variiert, dass er mit seinem Hauptdarsteller Daniel Craig mit dem Konzept bei Netflix nun eine ganze Filmreihe realisieren darf. Auch Isabel Bogdans Roman „Der Pfau“ macht sich die Gegebenheiten aus dem Christie-Universum zunutze, um eine sarkastische Sozialstudie zu entspinnen, bei der die Leiche zur Abwechslung mal nicht einer der Protagonisten, sondern ein Federvieh ist. Der Bestseller hat es nun in der Inszenierung von Lutz Heineking jr. („Andere Eltern“) zu filmischen Ehren gebracht. Dabei kann der Regisseur ebenfalls auf ein illustres Schauspielerensemble zurückgreifen, das teilweise gehörig gegen den Strich gebürstet ist.
Ein Bankerteam unter Leitung der selbstbewussten Linda (Lavinia Wilson) steht kurz vor einer Bewertung durch die Compliance-Abteilung, nach der moralisch nicht integre Mitarbeiter vermutlich mit einer Kündigung zu rechnen haben. Um den Zusammenhalt in ihrem Team zu stärken, hat sich Linda mit ihren Mitarbeitern Bernhard (Serkan Kaya), Andreas (Tom Schilling), David (David Kross) und Jim (Jürgen Vogel) auf einen abgelegenen schottischen Landsitz zurückgezogen. Als Coach fungiert die junge Rebecca (Svenja Jung), während Köchin Helen (Annette Frier) für das leiblich Wohl der Gruppe sorgen soll. Als schon kurz nach der Ankunft der Lieblings-Pfau des Hausherren Lord Macintosh (Philip Jackson) tot in der Einfahrt liegt, geraten die Banker ins Schwitzen. Linda lässt den Vogel gemeinsam mit David verschwinden, da sie glaubt, ihr Hund hätte den Pfau getötet. Aber damit haben die Probleme auf dem Anwesen gerade erst angefangen.
In den ersten Minuten seines Films schlägt Lutz Heineking jr. einen fragwürdigen Schenkelklopferhumor an, der Übles erwarten lässt. Doch es dauert nicht lange, bis man erkennt, dass das Niveau von „Der Pfau“ deutlich über diesen albernen Kapriolen angesiedelt ist. Sobald die zentralen Figuren etabliert sind und man als Zuschauer um ihre Marotten und Eigenheiten weiß, kann sich aus dem Geflecht eine amüsante Sozialstudie entwickeln, die sich über die eigentümlichen Gebräuche unter Investmentbankern lustig macht und auch auf überzeichnete Charakterkomik setzt. Als Roter Faden und atmosphärischer Hintergrund dienen darüber hinaus die Genregesetzmäßigkeiten der eingangs erwähnten Agatha-Christie-Whodunnits, die hier nicht nur eifrig zitiert, sondern auch gewitzt parodiert werden. Der schottische Landsitz liefert dafür ein mehr als angemessenes Setting, an dem man sich im Kinosessel auch kaum sattsehen kann.
Kino als Empathie-Maschine
Warum wir Kino in Zukunft mehr brauchen denn je – Vorspann 01/25
Stark durch Solidarität
„Billige Hände“ im Filmhaus – Foyer 12/24
Übers Ankommen in Deutschland
„Zwischen Sein und Nichtsein“ von Leocadie Uyisenga – Film 12/24
Toleranz zum Jahresende
Mit Kino zu mehr Empathie finden – Vorspann 12/24
Zermürbte Gesellschaft
choices preview zu „Critical Zone“ im Odeon – Foyer 11/24
„Mir wurden die Risiken des Hebammenberufs bewusst“
Katja Baumgarten über ihren Film „Gretas Geburt“ – Foyer 11/24
Die ganze Palette Kino
9. European Arthouse Cinema Day – Festival 11/24
Nach Leerstellen suchen
„Riefenstahl“ im Weisshauskino – Foyer 11/24
Kunst des Nicht-Wegschneidens
„Anna Zeit Land“ im Filmforum – Foyer 10/24
Liebe und Macht
choices preview zu „Power of Love“ in der Filmpalette – Foyer 10/24
Schnitte in Raum und Zeit
Die 24. Ausgabe des Festivals Edimotion in Köln ehrt Gabriele Voss – Festival 10/24
Restitution von Kolonialraubkunst
„Dahomey“ und „The Story of Ne Kuko“ im Filmforum – Foyer 10/24
„Die Geschichte ist jetzt unfassbar aktuell“
Regisseur Andreas Dresen über „In Liebe, Eure Hilde“ – Gespräch zum Film 10/24
Die hemmungslose Leinwand
Sexualität im Kino – Vorspann 10/24
„Zuhause sehnen wir uns nach der Ferne...“
Kuratorin Joanna Peprah übers Afrika Film Fest Köln – Festival 09/24
Afrikanisches Vermächtnis
Das 21. Afrika Film Festival widmet sich dem Filmschaffen des Kontinents – Festival 09/24
Kurzfilmprogramm in der Nachbarschaft
„Kurzfilm im Veedel“ zeigt Filme zu aktuellen Themen in Köln – Festival 09/24
Sorge um die Filmkultur
Veränderungen und Einsparungen stehen vor der Tür – Vorspann 09/24
Disziplin, Drill und Durchlässigkeit
„Mädchen in Uniform“ im Filmforum – Foyer 08/24
Volles Programm(heft)
40-jähriges Jubiläum der Internationalen Stummfilmtage Bonn – Festival 08/24
Sommer-Endspurt
Humor und Weltrettung für Jung und Alt – Vorspann 08/24
Der Sieg des Glaubens
„Führer und Verführer“ im Odeon mit Regisseur Joachim Lang – Foyer 07/24
Queere Menschen in Polen
„Boylesque“ im Filmhaus – Foyer 07/24
Pssst!
Zu Spoilern, Prequels und Remakes – Vorspann 07/24
„Es geht um Geld, Gerechtigkeit und Gemeinschaft“
Regisseurin Natja Brunckhorst über „Zwei zu eins“ – Gespräch zum Film 07/24