Green Book – Eine besondere Freundschaft
USA 2018, Laufzeit: 130 Min., FSK 6
Regie: Peter Farrelly
Darsteller: Viggo Mortensen, Mahershala Ali, Linda Cardellini
>> greenbook-derfilm.de
Tragikomische Reise durch den Rassismus der 60er Jahre
Der Mut des Einzelnen
„Green Book – Eine besondere Freundschaft“ von Peter Farrelly
Tony Vallelonga wurde wegen seiner großen Klappe als Kind in der Bronx nur kurz Tony Lip genannt. Die große Klappe hat der schlichte Tony immer noch, dazu eine treffsichere Faust. Das macht den stolzen Italo-Amerikaner zum perfekten Türsteher im angesagten Nachtclub Copacabana, wo Größen wie Harry Belafonte, Dean Martin oder Sam Cooke auftraten und den Barry Manilow mit seinem gleichnamigen Hit besang. Als der Club im Jahr 1962 wegen Renovierung für ein paar Monate schließen muss, wird Tony Lip zur Überbrückung Dr. Don Shirley als Fahrer empfohlen. Wider erwarten ist Shirley aber kein Arzt, sondern ein promovierter Star-Pianist, der in einer riesigen Wohnung mit Thron und anderen Exklusivitäten über der Carnegie Hall residiert. Der versnobte Shirley sucht einen schlagkräftigen Fahrer, weil er als Schwarzer eine Tournee durch die rassistischen Südstaaten der USA geplant hat.
Die Story basiert auf dem wahren Zusammentreffen von Tony Lip und Don Shirley, das Lips Sohn Nick Vallelonga verfasst hat – gemeinsam mit Regisseur Peter Farrelly (dieses Mal ohne seinen Bruder Bobby, mit dem er zahlreiche Komödien gedreht hat, darunter „Dumm und Dümmer“ oder „Verrückt nach Mary“). Leitfaden für die Reise war seinerzeit das sogenannte „Negro Motorist Green Book“, ein Reiseführer mit Restaurants und Übernachtungsmöglichkeiten für schwarze Autofahrer. Denn die Orte, an denen man vor rassistischer Zurückweisung, Anfeindung oder gar tätlichen Angriffen sicher sein konnte, musste man sorgfältig suchen. Das ist für den auch nicht gerade von rassistischen Vorurteilen freien Tony eine unangenehme Überraschung. Don Shirley hingegen kennt Rassismus von klein auf. Zwar ist er wohlhabend und erfährt in seinem Umfeld nur Anerkennung. Doch schon früh galten für ihn andere Regeln, als für seine weißen Mitmusiker. So wurde er nicht zuletzt von seiner Plattenfirma zu einem poppigeren Stil gedrängt, der Klassik und Jazz vermischt. Für einen Schwarzen sah man in der Klassik keine Erfolgschance. Auf seiner Tournee in den Süden holt Shirley dann der Rassismus ganz konkret im Alltag ein, wenn er als Stargast der weißen High Society die Toilette nicht benutzen, nicht am selben Ort essen darf oder sein Backstage-Raum notdürftig in einer Besenkammer untergebracht ist.
Tony, überzeugend mit charmanter Dreistheit von Viggo Mortensen verkörpert, lernt langsam, wie einsam sein Schützling trotz Bildung, finanziellem Wohlstand und künstlerischem Erfolg ist: von Weißen missachtet, sobald er die Bühne verlässt, von Schwarzen als Emporkömmling schief angeguckt. Diese Schizophrenie vermittelt Mahershala Ali, der schon in „Moonlight“ eine innere Zerrissenheit so eindrucksvoll zum Ausdruck brachte, während Regisseur Farrelly die Balance zwischen Komödie und Tragödie gut im Griff hat. Der Dramatik des strukturellen Rassismus wird er damit nicht immer gerecht. Dafür ist der Film ein warmherziges Plädoyer dafür, dass es letztendlich auf den Mut des Einzelnen ankommt, sich gegen rassistische Ungerechtigkeit zu stellen.
Oscars 2019: Bester Film, Bester Nebendarsteller (Mahershala Ali), Bestes Original-Drehbuch
Golden Globes 2019: Beste Komödie, Bester Nebendarsteller (Mahershala Ali), Bestes Drehbuch
Boston Film Festival 2018: Bester Regisseur; bester Darsteller
(Christian Meyer-Pröpstl)
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