Green Book – Eine besondere Freundschaft
USA 2018, Laufzeit: 130 Min., FSK 6
Regie: Peter Farrelly
Darsteller: Viggo Mortensen, Mahershala Ali, Linda Cardellini
>> greenbook-derfilm.de
Vor Martin Luther King
Das Auge (340), 17.03.2019
Eine gewagte Reise durch den Süden der USA. Man fragt sich wieso? Abenteuerlust des Pianisten? Es war jedenfalls ein Abenteuer, damals eine solche Tour zu unternehmen. Daher muss ein Fahrer her, der auch schlagkräftige Argumente aufbieten kann. Der Fahrer ist ein bezahlter Gehilfe, eine Umdrehung der damaligen Standard-Verhältnisse. Dies wird in einigen Szenen recht plakativ gezeigt. Das Ende ist ein wenig hollywoodmäßig überzogen. Insgesamt überzeugen die beiden Hauptdarsteller und bringen die überschaubare Story auf ein facettenreiches Niveau. Empfehlenswert.
Oscars zurecht erhalten
mobile (174), 06.03.2019
Ich kann mich den vorherigen Meinungen anschließen. Der Film ist empfehlenswert, auch wenn man ein paar Details kritisieren kann.
Faszinierend finde ich, wie es gelingt, zwei eher unsympathische Figuren so durch die story zu führen, dass man am Ende beide gern hat. Der eine ist vulgär, rassistisch und gefräßig, der andere trinkt zu viel und ist oberlehrerhaft mit Starallüren. Sie eröffnen dem anderen eine völlig neue Welt und kommen verändert von der Reise nach Hause.
Ein Stück amerikanische Geschichte und Anlass, auch heute über Themen wie Rassismus und Vorurteile nachzudenken.
Zwischen den Stühlen
Matt513 (266), 20.02.2019
Hier steigen zwei absolute Könner ihres Fachs in den Ring. Deshalb macht dieser Film so viel Spaß, ohne dabei jemals ins Triviale zu gleiten. Mortensens rauhbeiniger Höhlenmensch Tony Lip ist über jeden Zweifel erhaben, ebenso wie Don Shirley, Alis leicht indignierter Intellektueller.
Farrelly, dem man nach Stilperlen wie Dumm und Dümmer oder Verrückt nach Mary einen solchen Film wohl nicht zugetraut hätte, zeichnet ein bemerkenswert vielschichtiges Bild vom Rassismus jener Jahre. Lip und sein familiäres Umfeld äußern sich verächtlich über die „Schokos“. Dabei müßten sie es besser wissen, stehen sie selbst als Nachfahren italienischer Einwanderer in der Gesellschaftsordnung Amerikas nicht eben weit oben (frage man sich mal, warum z.B. die New Yorker Feuerwehr sich historisch fast komplett aus Italienern rekrutierte – weil eben kein anderer den Job machen wollte). Immerhin ist er in seinem eigenen Milieu verwurzelt; etwas, das Shirley im Film, ein kultivierter, aber einsamer Mensch, vollkommen abgeht. Im Ausland zum klassischen Pianisten ausgebildet, sitzt er in God’s Own Country mit all seinen Rassenproblemen beständig zwischen den Stühlen. Seine Kunst wird zwar von der etablierten Gesellschaft gefeiert, als deren legitimer Angehöriger er sich versteht; er selbst ist für sie jedoch gleich wieder der Bimbo, kaum daß seine letzte Note verklungen ist. Überhaupt entspringt die Tournee durch den Süden auch dem Umstand, daß man selbst an der liberalen Ostküste als schwarzer Pianist doch bitte schön Jazz (und nicht Klassik) zu spielen hat; eine Typisierung, die eine perfide Diskriminierung in sich trägt. Wobei man bei der Formulierung, was die legitimen kulturellen Wurzeln eines Amerikaners mit afrikanischen Vorfahren denn überhaupt sind, selbst leicht aufs Glatteis geraten kann; ist z.B. der Blues denn etwa aus freien Stücken entstanden?
Ich kann ebenso nur das OmU empfehlen, ohne welches manche Facette im Charakterbild unaufgedeckt bliebe; etwa Shirleys elaborierter Wortschatz, Ausweis eines sehr belesenen Menschen. Und wenn Mortensen hierfür nicht endlich den längst fälligen Oscar bekommt, dann weiß ich es auch nicht mehr.
Ein nettes Road-Movie
woelffchen (597), 09.02.2019
„Im Jahr 1962 engagiert ein kultivierter schwarzer Pianist einen proletenhaften italienischstämmigen Chauffeur für eine Konzerttour durch die US-Südstaaten, wo Rassismus, Diskriminierung und Gewalt gegen Schwarze an der Tagesordnung sind. Die auf einer realen Begebenheit beruhende Tragikomödie skizziert die Annäherung und Freundschaft zweier gegensätzlicher Charaktere, ohne die bitteren Seiten, Zynismus, Hass und Häme, zu unterschlagen. Das von zwei herausragenden Darstellern und einem warmherzigen Humor getragene Road Movie skizziert einen Lernprozess in beide Richtungen, der Aktualisierungen meidet, aber die Verachtung des schwarzen Körpers schmerzhaft spürbar macht. Filmdienst.“
Fazit: Sehenswert
Two great actors
Raspa (392), 01.02.2019
Ja, das Ende mit der Weihnachtsfeier ist ein wenig dick aufgetragen. Gewiss, die Szene zu Beginn mit den von Tony weggeworfenen Gläsern, aus denen die beiden schwarzen Handwerker getrunken haben, ist etwas sehr plakativ. Ja, die Schrecken des Rassismus im tiefen Süden der USA hätten durchaus noch drastischer demonstriert werden können. But so what? Wenn zwei so grandiose Darsteller wie Mortensen und Ali zu bewundern sind, zählen diese Einwände nur wenig. Und es ist auch so schon schlimm genug, welchen Demütigungen Menschen mit einer bestimmten Hautfarbe im Laufe der gezeigten Reise noch vor gut 50 Jahren ausgesetzt waren ( und es teilweise auch heute noch sind ). Ein ganz wichtiger Aspekt in der durchaus ambivalenten Beziehung der beiden Protagonisten ist die Sprache: Dons geschliffenes und von Bildung gesättigtes Englisch gegenüber Tonys grobschlächtigem Straßenenglisch. Deshalb sollte man, wenn möglich, die OV besuchen, da selbst eine gute Synchronisation nicht getreulich wiedergeben kann, wie sehr das jeweilige Sprachregister auch das Denken der Personen prägt. Alles in allem also eine dringende Empfehlung!
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