Imagine
Frankreich, Großbritannien, Polen, Portugal 2012, Laufzeit: 102 Min., FSK 0
Regie: Andrzej Jakimowski
Darsteller: Edward Hogg, Alexandra Maria Lara, Francis Frappat
>> www.imagine-der-film.de
Überraschendes Blindendrama
Ohne Blindenstock
"Imagine" von Andrzej Jakimowski
Blindheit im Film, einem überaus visuellen Medium, überzeugend darzustellen, ist eine große Herausforderung, an der Filmemacher auch mit den besten Ambitionen mitunter scheitern können. Deswegen gibt es vermutlich nur sehr wenige Werke, die sich dieser Aufgabe überhaupt stellen. Sehr überzeugend gelang dies Bernd Sahling 2003 bei seinem in erster Linie auf ein Kinder- und Jugendpublikum abzielenden „Die Blindgänger“, der den Alltag und die Probleme sehbehinderter Teenager eindrucksvoll zu vermitteln verstand. Auch der 2010 von David Mackenzie realisierte „Perfect Sense“, der die Thematik in Form eines dramatischen Endzeitfilms aufgriff, ist trotz einiger plakativer Momente als gelungen zu bezeichnen. Immerhin gelang es dem Regisseur, den Verlust einzelner Sinne auch für den Zuschauer im Kinosaal nachvollziehbar zu vermitteln. Etwas Ähnliches schafft nun auch der polnische Regisseur Andrzej Jakimowski („Kleine Tricks“), der sich bei „Imagine“ einiger wirkungsvoller filmischer Tricks und eines ausgeklügelten visuellen Konzepts bedient, um die Blindheit seiner Protagonisten auch für seine Zuschauer erfahrbar zu machen.
Im Mittelpunkt der Erzählung steht der junge blinde Lehrer Ian (sehr überzeugend: Edward Hogg), der an einer portugiesischen Augenklinik einen Kurs zur besseren Orientierung der Patienten geben soll. Ian selbst bewegt sich ausnahmslos ohne den sonst üblichen Blindenstock fort, verlässt sich komplett auf sein Gehör und die unterschiedlichen Schallwellen bei Hindernissen im Raum. Das ist zum Teil auf Eitelkeit zurückzuführen, zum Teil resultiert das Verhalten aber auch aus dem aufdringlichen Hilfsgebaren der Mitmenschen im Angesicht eines Blinden. Damit wagt der Film, ein bislang selten thematisiertes Problem unter Sehbehinderten anzusprechen. Ians Schüler und mit ihnen der Kinozuschauer lernen im Verlauf der Handlung, wie man sich auch ohne Sehsinn einigermaßen sicher in seiner Umwelt zurechtfinden kann. Adam Bajerskis Kamera wagt dazu Ungewöhnliches, da dem Publikum größtenteils ebenfalls vorenthalten wird, was auch die Protagonisten nicht sehen können. Damit wird der Fokus auf andere Sinne gelenkt, insbesondere das Gehör, was durch einen effektvollen Einsatz des Filmtons (Guillaume Le Braz zeichnet hier verantwortlich) zu einer spannenden Sinneserfahrung für den Zuschauer wird. Da hätte es manch übertriebener Dramatisierung der Geschichte gar nicht bedurft, die insbesondere dadurch entsteht, dass Ian seine Schüler dazu anstiftet, sich ebenfalls ohne Hilfsmittel in den Großstadtbetrieb Lissabons zu stürzen. Davon abgesehen bietet „Imagine“ aber jede Menge phantasievollen Input, über den man sich auch als Zuschauer so seine Gedanken machen kann, und mit einer überaus poetischen Schlusseinstellung darüber hinaus noch Inspirationen für den Ausgang der Ereignisse.
Warschau 2012: Publikumspreis, Regiepreis
Interview zum Film mit Alexandra Maria Lara
Zermürbte Gesellschaft
choices preview zu „Critical Zone“ im Odeon – Foyer 11/24
„Mir wurden die Risiken des Hebammenberufs bewusst“
Katja Baumgarten über ihren Film „Gretas Geburt“ – Foyer 11/24
Die ganze Palette Kino
9. European Arthouse Cinema Day – Festival 11/24
Nach Leerstellen suchen
„Riefenstahl“ im Weisshauskino – Foyer 11/24
Kunst des Nicht-Wegschneidens
„Anna Zeit Land“ im Filmforum – Foyer 10/24
Liebe und Macht
choices preview zu „Power of Love“ in der Filmpalette – Foyer 10/24
Schnitte in Raum und Zeit
Die 24. Ausgabe des Festivals Edimotion in Köln ehrt Gabriele Voss – Festival 10/24
Restitution von Kolonialraubkunst
„Dahomey“ und „The Story of Ne Kuko“ im Filmforum – Foyer 10/24
Die hemmungslose Leinwand
Sexualität im Kino – Vorspann 10/24
„Die Geschichte ist jetzt unfassbar aktuell“
Regisseur Andreas Dresen über „In Liebe, Eure Hilde“ – Gespräch zum Film 10/24
„Zuhause sehnen wir uns nach der Ferne...“
Kuratorin Joanna Peprah übers Afrika Film Fest Köln – Festival 09/24
Kurzfilmprogramm in der Nachbarschaft
„Kurzfilm im Veedel“ zeigt Filme zu aktuellen Themen in Köln – Festival 09/24
Afrikanisches Vermächtnis
Das 21. Afrika Film Festival widmet sich dem Filmschaffen des Kontinents – Festival 09/24
Sorge um die Filmkultur
Veränderungen und Einsparungen stehen vor der Tür – Vorspann 09/24
Disziplin, Drill und Durchlässigkeit
„Mädchen in Uniform“ im Filmforum – Foyer 08/24
Volles Programm(heft)
40-jähriges Jubiläum der Internationalen Stummfilmtage Bonn – Festival 08/24
Sommer-Endspurt
Humor und Weltrettung für Jung und Alt – Vorspann 08/24
Der Sieg des Glaubens
„Führer und Verführer“ im Odeon mit Regisseur Joachim Lang – Foyer 07/24
Queere Menschen in Polen
„Boylesque“ im Filmhaus – Foyer 07/24
Pssst!
Zu Spoilern, Prequels und Remakes – Vorspann 07/24
Ein Fest des Kinos
Die Kölner Kino Nächte präsentieren an 4 Tagen knapp 50 Filme – Festival 07/24
„Es geht um Geld, Gerechtigkeit und Gemeinschaft“
Regisseurin Natja Brunckhorst über „Zwei zu eins“ – Gespräch zum Film 07/24
Der Tod, der uns verbindet
NRW-Premiere von Eva Trobischs „Ivo“ – Foyer 06/24
Die schwierige Situation in Venezuela
„Das Land der verlorenen Kinder“ im Filmhaus – Foyer 06/24
Sternenkriege und Weißer Terror
Volles Sommerkinoprogramm – Vorspann 06/24