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Saw X

Saw X
USA 2023, Laufzeit: 118 Min., FSK 18
Regie: Kevin Greutert
Darsteller: Tobin Bell, Shawnee Smith, Synnøve Macody Lund
>> www.studiocanal.de/title/saw-x-2023/

Endlich: Ein großer zehnter Teil des Horror-Franchise

Wiedererweckung
„Saw X“
von Kevin Greutert

2004 erschafft James Wan („Insidious“, „Malignant“) gemeinsam mit Co-Autor Leigh Whannell eine neuartige Horrorfigur: John Kramer alias Jigsaw. Ein erfindungsreicher Mann, der sich böse Menschen vorknöpft, ihnen Fallen stellt, sie in Lebensgefahr versetzt – um ihnen einen Ausweg anzubieten. Einen entbehrungsreichen, schmerzvollen Ausweg. Heizungsrohr, Handschelle, Knochensäge – die Opfer haben die Wahl: Leiden oder sterben? Opfere etwas von dir, und du überlebst. Jigsaw tötet nicht – die (Fehl-)Entscheidung seiner Opfer tötet. Oder ihre Langsamkeit. Denn Jigsaw setzt seine Opfer in der Folge zunehmend unter Zeitdruck. Jigsaws Motiv ist dabei nicht etwa Rache. Es geht ihm um Wiedererweckung: Wer Jigsaw überlebt, ist neu geboren.

Ein perfides Konzept – und ausbaufähig: Acht weitere Filme folgen, die über verschachteltes Erzählen Spannung und Überraschungsmomente bewahren, in denen aber irgendwann die Fallen das Originellste bleiben. Zugleich verblasst der auf Richter und Henker reduzierte, schwer kranke John Kramer von Film zu Film. Was schade ist, denn Darsteller Tobin Bell hat Charisma. Stattdessen: Ein schleichendes Fade Out über neun Filme hinweg.

Und jetzt das: Kevin Greutert liefert eine kleine Sensation. Greutert, der als Regisseur die Teile VI und VII verantwortet und als Cutter bei fast allen Filmen Hand angelegt hat, packt all seine Erfahrung in diesen neuen Streifen und – Bravo: Er holt Tobin Bell zurück ins Boot. Und wie! Angesiedelt ist „Saw X“ zwischen den ersten beiden Teilen. Kramer hat Krebs, die Sache sieht nicht gut aus. Ein Mann aus der Selbsthilfegruppe verweist ihn an einen Arzt aus Nordeuropa, der eine spezielle Gen-Therapie entwickelt hat. Das Verfahren ist nicht zugelassen, über Umwege lässt sich der Eingriff aber durchführen. Der Umweg führt Kramer nach Mexiko. Dort betreibt Cecillia (Synnøve Macody Lund), die Tochter des Arztes, ein geheimes Labor, in dem sich Kramer unters Messer legt. Nach der OP aber fliegt die Sache auf: Alles Fake – und Kramers Geld ist weg. Jigsaw nimmt Fährten auf, stellt Fallen und versammelt die Wiederzuerweckenden in einem peinlichst vorbereiteten Arrangement mit mancherlei Werkzeug und allerlei krankem Einfall.

Gefühlt hat Tobin Bell diesmal so viel Leinwandpräsenz wie in allen bisherigen „Saw“-Filmen zusammen. Vergleichsweise stringent folgt ihm Greutert durch Trug und Betrug, der Plot ist dicht erzählt, die zweite Hälfte verläuft geradezu in Echtzeit. Vor allem aber bekommen wir endlich zu sehen, wie Kramer tickt, wie er kreativ arbeitet, was ihm so durch den Kopf schießt. Wie sein Konzept wächst, wie ernst es ihm damit ist. Tobin Bell glänzt mit Präsenz und darf (endlich) sein Potenzial ausspielen. Das mehr an Charakter veredelt „Saw X“ mitnichten zum Arthouse-Horror, aber er verleiht der Sache Substanz. Dass die Sache mit reichlich krankem Blutzoll und völlig irren Ideen angereichert ist, sei den Fans zur Beruhigung mitgegeben. Keine Angst: Es ist genug für alle da!

„Saw X“ ist der zweitbeste Film der Reihe. Wenn nicht der beste.

(Hartmut Ernst)

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