Wir wollten aufs Meer
D 2011, Laufzeit: 116 Min., FSK 12
Regie: Toke Constantin Hebbeln
Darsteller: Alexander Fehling, August Diehl, Ronald Zehrfeld, Sylvester Groth, Rolf Hoppe, Hans-Uwe Bauer, Thomas Lawinky, Phuong Thao Vu
>> www.wirwolltenaufsmeer.de
Bildstarkes Melodram über Freundschaft und Verrat
So nah – und doch so fern
„Wir wollten aufs Meer“ von Toke Constantin Hebbeln
Die Referenz an „Das Leben der Anderen“ ist eindeutig und laut Regisseur Toke Constantin Hebbeln auch gewollt. Nicht nur deshalb muss sich sein Spielfilmdebüt „Wir wollten aufs Meer“ den Vergleich mit dem Oscar-Preisträger gefallen lassen. Und auf den ersten Blick fällt dieser gar nicht so schlecht aus: Hebbelns Film beginnt mit dokumentarischen Schwarzweiß-Aufnahmen vom geschäftigen Treiben im einzigen Überseehafen der DDR in Rostock, ehe dann die fiktionale, bildgewaltige Geschichte die Leinwand füllt. Aber auch diese farbigen Bilder atmen eine gewisse Authentizität, weil Kameramann Felix Novo de Oliveira sich in der Farbdramaturgie an das alte DDR-ORWO-Filmmaterial anlehnt und Lars Langes Szenenbild diese Stimmung kongenial ergänzt. Und in diesem Setting entwickelt sich eine durchaus spannende Geschichte von Freundschaft, Liebe, Verrat und der in allen Bereichen mitmischenden Staatsmacht. Denn als sich nach drei Jahren Cornelis’ und Andreas’ Traum von der Schifffahrt immer noch nicht erfüllt, beginnt ein perfides Spiel, bei dem letztlich fast alle Verlierer sind. Cornelis wehrt sich noch gegen den inneren Schweinehund, während Andreas dem Drängen der Stasi nachgibt. Jetzt setzt das große Melodram ein: Die Schlägerei zwischen den beiden Freunden wegen des Verrats endet für Andreas tragisch. Cornelis versucht derweil mit seiner vietnamesischen Freundin über die tschechische Grenze zu fliehen ...
Es ist schon eine Crux mit dem deutschen Film. Da liegen die Themen auf der Straße – und es braucht doch Jahrzehnte, bis sie einer aufhebt, so wie Hebbeln und sein Co-Autor Ronny Schalk. Die beiden neigen dann dazu, etwas zu viel in die Geschichte hineinzupacken und dadurch letztlich so manchen Handlungsstrang wieder aus den Augen zu verlieren. Während das schicksalhaft verbundene Trio Cornelis, Andreas und Matze durch die großartige, anfangs fast anarchische Spielfreude von Alexander Fehling, August Diehl und Ronald Zehrfeld der Handlung ihren Drive verleihen und Sylvester Groth und Rolf Hoppe mit prägnanten Sidekicks glänzen, bleibt die Liebesgeschichte zwischen Cornelis und Phuong (Phuong Thao Vu) in der Behauptung stecken. Auch so manche dramaturgische Wendung ist nur angedeutet. Das nimmt dem Film ein wenig die Spannung des Anfangs und wirft die Frage auf, warum ein gutes Dutzend Filmförderungsanstalten und TV-Sender diese Mängel nicht bemerkt haben und den Filmemachern mehr Zeit und Geld zur Stoff-Entwicklung zugestanden haben. Denn ihr unbestreitbares Talent ist in ihrem aufwändigen und ambitionierten Debüt trotz mancher Mängel zu sehen und macht auch neugierig auf den nächsten Film.
(Rolf-Rüdiger Hamacher)
Zermürbte Gesellschaft
choices preview zu „Critical Zone“ im Odeon – Foyer 11/24
„Mir wurden die Risiken des Hebammenberufs bewusst“
Katja Baumgarten über ihren Film „Gretas Geburt“ – Foyer 11/24
Die ganze Palette Kino
9. European Arthouse Cinema Day – Festival 11/24
Nach Leerstellen suchen
„Riefenstahl“ im Weisshauskino – Foyer 11/24
Kunst des Nicht-Wegschneidens
„Anna Zeit Land“ im Filmforum – Foyer 10/24
Liebe und Macht
choices preview zu „Power of Love“ in der Filmpalette – Foyer 10/24
Schnitte in Raum und Zeit
Die 24. Ausgabe des Festivals Edimotion in Köln ehrt Gabriele Voss – Festival 10/24
Restitution von Kolonialraubkunst
„Dahomey“ und „The Story of Ne Kuko“ im Filmforum – Foyer 10/24
„Die Geschichte ist jetzt unfassbar aktuell“
Regisseur Andreas Dresen über „In Liebe, Eure Hilde“ – Gespräch zum Film 10/24
Die hemmungslose Leinwand
Sexualität im Kino – Vorspann 10/24
„Zuhause sehnen wir uns nach der Ferne...“
Kuratorin Joanna Peprah übers Afrika Film Fest Köln – Festival 09/24
Afrikanisches Vermächtnis
Das 21. Afrika Film Festival widmet sich dem Filmschaffen des Kontinents – Festival 09/24
Kurzfilmprogramm in der Nachbarschaft
„Kurzfilm im Veedel“ zeigt Filme zu aktuellen Themen in Köln – Festival 09/24
Sorge um die Filmkultur
Veränderungen und Einsparungen stehen vor der Tür – Vorspann 09/24
Disziplin, Drill und Durchlässigkeit
„Mädchen in Uniform“ im Filmforum – Foyer 08/24
Volles Programm(heft)
40-jähriges Jubiläum der Internationalen Stummfilmtage Bonn – Festival 08/24
Sommer-Endspurt
Humor und Weltrettung für Jung und Alt – Vorspann 08/24
Der Sieg des Glaubens
„Führer und Verführer“ im Odeon mit Regisseur Joachim Lang – Foyer 07/24
Queere Menschen in Polen
„Boylesque“ im Filmhaus – Foyer 07/24
Pssst!
Zu Spoilern, Prequels und Remakes – Vorspann 07/24
„Es geht um Geld, Gerechtigkeit und Gemeinschaft“
Regisseurin Natja Brunckhorst über „Zwei zu eins“ – Gespräch zum Film 07/24
Ein Fest des Kinos
Die Kölner Kino Nächte präsentieren an 4 Tagen knapp 50 Filme – Festival 07/24
Der Tod, der uns verbindet
NRW-Premiere von Eva Trobischs „Ivo“ – Foyer 06/24
Die schwierige Situation in Venezuela
„Das Land der verlorenen Kinder“ im Filmhaus – Foyer 06/24
Sternenkriege und Weißer Terror
Volles Sommerkinoprogramm – Vorspann 06/24