Zusammen ist man weniger allein
Frankreich 2007, Laufzeit: 97 Min., FSK 12
Regie: Claude Berri
Darsteller: Audrey Tautou, Guillaume Canet, Laurent Stocker, Françoise Bertin, Alain Sachs, Firmine Richard, Béatrice Michel, Kahena Saïghi, Hélène Surgère, Alain Stern, Halima Guizami, Juliette Arnaud
Der schüchterne Philibert lebt zusammen mit dem draufgängerischen Franck in einer großen Pariser Wohnung. Im Dachgeschoss wohnt die zurückgezogene Camille. Bald entsteht eine muntere Dreierfreundschaft, die sich allerdings schnell als konfliktreich darstellt. Vielleicht darf der Autor an dieser Stelle einmal kurz nach vorne treten und deutlich sagen, wie sehr ihm dieses weltfremde, eskapistische "Amélie"-Märchen mit dem traurig blickenden Mädchen auf den Geist gegangen ist. So sehr, dass jeder folgende Film mit Amélie ... pardon, Audrey Tautou (ebenso jeder Film des effekthascherischen Werbefritzen Jean-Pierre Jeunet) mit größter Vorsicht und unter verschärfter Kontrolle beobachtet wurde. Die Vorsicht war begründet, denn Mathilde - eine große Liebe" (ebenfalls von Jeunet) verlangte der Schauspielerin nichts anderes ab als in Amélie (vor allem traurig-verträumt gucken), im Da Vinci Code wird sie gar zur Säulenheiligen respektive einer Nachfahrin von Jesus. "Wahnsinnig verliebt" schien nur der mutwillige Versuch zu sein, einmal das Gegenbild zu zeichnen."Zusammen ist man weniger allein" vom alt gedienten Regisseur Claude Berri verspricht tendenziell Besserung. Die romantische Komödie kommt ohne verklärende Märchenelemente aus: Die von Tautou gespielte Camille ist magersüchtig und beziehungsunfähig, kompensiert das dieses Mal aber nicht in Traumwelten. Sie überspielt es eher wie eine Holly Golightly in "Frühstück bei Tiffany". Sie lässt sich auf eine Affäre mit einem Womanizer ein, ist letztendlich aber noch viel abgebrühter/beziehungsgeschädigter als der. Der Reigen der sehnsüchtigen Coolen ist durchaus schön mit an zusehen. Zwar scheint Berri die Übertragung der Romanvorlage von Anna Gavalda etwas zuungunsten der Vermittlung der Psychologie der Figuren zu verkürzen: Die Wunden der drei Hauptfiguren sind da, werden auch ansatzweise begründet, doch das nur so rudimentär, dass man nicht von einer Plausibilität der Figuren sprechen kann - vor allem dann, wenn sich die Probleme am Ende relativ schnell auflösen: Da scheint abrupt die 90 Minuten-Spielfilmlängen-Glocke geläutet zu haben. Trotzdem - ein deutliches trotzdem - macht der Film Spaß, weil die drei Figuren und ihr umeinander Tänzeln kurzweilig und halbwegs realistisch gängige Probleme der heutigen Zeit ansprechen. Weh tut auch dieser Film dabei niemandem.
(Christian Meyer)
Kneecap
Start: 23.1.2025
Der Brutalist
Start: 30.1.2025
Poison – Eine Liebesgeschichte
Start: 30.1.2025
Maria
Start: 6.2.2025
Mutiny in Heaven – Nick Caves frühe Jahre
Start: 6.2.2025
Heldin
Start: 27.2.2025
Like A Complete Unknown
Start: 27.2.2025
Das kostbarste aller Güter
Start: 6.3.2025
Flow
Start: 6.3.2025
Köln 75
Start: 13.3.2025
Das Licht
Start: 20.3.2025
The End
Start: 27.3.2025
Kino als Empathie-Maschine
Warum wir Kino in Zukunft mehr brauchen denn je – Vorspann 01/25
Stark durch Solidarität
„Billige Hände“ im Filmhaus – Foyer 12/24
Übers Ankommen in Deutschland
„Zwischen Sein und Nichtsein“ von Leocadie Uyisenga – Film 12/24
Toleranz zum Jahresende
Mit Kino zu mehr Empathie finden – Vorspann 12/24
Zermürbte Gesellschaft
choices preview zu „Critical Zone“ im Odeon – Foyer 11/24
„Mir wurden die Risiken des Hebammenberufs bewusst“
Katja Baumgarten über ihren Film „Gretas Geburt“ – Foyer 11/24
Die ganze Palette Kino
9. European Arthouse Cinema Day – Festival 11/24
Nach Leerstellen suchen
„Riefenstahl“ im Weisshauskino – Foyer 11/24
Kunst des Nicht-Wegschneidens
„Anna Zeit Land“ im Filmforum – Foyer 10/24
Liebe und Macht
choices preview zu „Power of Love“ in der Filmpalette – Foyer 10/24
Schnitte in Raum und Zeit
Die 24. Ausgabe des Festivals Edimotion in Köln ehrt Gabriele Voss – Festival 10/24
Restitution von Kolonialraubkunst
„Dahomey“ und „The Story of Ne Kuko“ im Filmforum – Foyer 10/24
Die hemmungslose Leinwand
Sexualität im Kino – Vorspann 10/24