Seit einigen Jahren sorgt Julia Stoschek weit über Düsseldorf hinaus für Aufsehen. Sie sammelt Videokunst auf Weltklasse-Niveau; dazu hat sie an der Schanzenstraße im Stadtteil Oberkassel ein Museum gebaut. Mit den Ausstellungen, Vorträgen und Filmvorführungen ist dies eine echte Bereicherung für die Kunst im Rheinland, erst recht seit feststeht, dass auf der anderen Rheinseite das NRW-Forum in der bisherigen Form als Ausstellungsort für Neue Medien und Mode geschlossen werden soll.
Nach mehreren Szenenwechseln mit den eigenen Sammlungsbeständen hat Julia Stoschek nun erstmals zwei Künstler eingeladen, ihr Werk in parallelen Übersichtsschauen vorzustellen: die in Los Angeles lebende Frances Stark (*1967) und den in London ansässigen Ed Atkins (*1982). Beide arbeiten sichtlich auf der Höhe ihrer Zeit. Frances Stark, die schon lange in der internationalen Kunstszene etabliert ist, verwendet leitmotivisch Sprache und ihre Visualisierung, etwa in Form von Literatur. In ihren neuesten, in der Stoschek Collection ausgestellten Beiträgen rekonstruiert sie Internet-Dialoge aus Chatrooms, die sie, begleitet von Musik, auf die Wand projiziert. Der britische Shooting-Star Ed Atkins wiederum hinterfragt den Fortschritt der High-Definition-Technologie mit ihren Grenzen in der Menschendarstellung und kreiert daraus animierte Prototypen, die sozusagen aus der Zukunft stammen. Seine Themen hingegen kreisen um Naturerfahrung, Krankheit und Tod und gehen überzeitlichen Fragen unserer Existenz nach. Ohnehin sind bei beiden Künstlern Rückgriffe auf tradierte Methoden Teil des Repertoires: In den Ausstellungsräumen von Frances Stark ist klassische Musik zu hören; sie erstellt außerdem autonome Collagen und plastische Arbeiten, und Ed Atkins integriert Collagen in seine Installationen.
Die Werke beider Künstler verlangen vom Betrachter einige Aufmerksamkeit (zumal die Sprache und die Texte auf Englisch sind); im Gegensatz zum „klassischen“ Gemälde ereignet sich ihre Kunst im zeitlichen Ablauf, weswegen man einige Stunden bräuchte, um alles in seiner Gänze zu sehen und zu hören. Aber weniger geht auch, und diese Kunstwerke sind anschaulich und sinnlich und besitzen stets einen konkreten Kern, der mit unserem Mensch-Sein zu tun hat … In der Diskussion, wie es mit dem NRW-Forum weitergehen könnte, wurde unlängst Julia Stoschek als Kuratorin ins Gespräch gebracht. Nichts spricht dagegen, vieles dafür.
„Number Seven: Ed Atkins / Frances Scholz“ | bis Frühjahr 2014 in der Julia Stoschek Collection in Düsseldorf-Oberkassel | www.julia-stoschek-collection.net
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Die Inszenierung hinter der Fassade
Martin Schoeller als Werkschau im Düsseldorfer NRW-Forum – Kunstwandel 07/20
Menschen und Farbe
Martin Parr in Düsseldorf – Kunst in NRW 09/19
Bauhaus und die Folgen
100 Jahre Staatliches Bauhaus, auch in NRW – Kunst in NRW 03/19
Mensch und Maschine
Meta Marathon „Robotics“ in Düsseldorf – Spezial 03/19
Zocken der Zukunft
Next Level in Düsseldorf – das Besondere 11/18
Der absolut exakte Pinselstrich
Künstliche Intelligenz im NRW-Forum Düsseldorf – Kunstwandel 08/18
Gegenwart malen
Eine Doppelausstellung von Liu Xiaodong in Düsseldorf – Kunst in NRW 07/18
Botschaft und Effekt
Jan Böhmermanns „Deuscthland“ im Düsseldorfer NRW-Forum – Kunst 01/18
Spielen kann man überall
Games-Festival „Next Level“ im Düsseldorfer NRW-Forum – Spezial 11/17
Das harte Sein in der Bonbonwelt
„Bling Bling Baby!“ im Düsseldorfer NRW Forum – Kunstwandel 12/16
Gegen den Takt
Sturtevant bei Julia Stoschek in Düsseldorf – Kunst in NRW 05/14
Spuren der Erinnerung
Retrospektive Duane Michals im NRW-Forum Düsseldorf – Kunst in NRW 02/14
Malerische Fotografie
„Foto – Kunst – Foto“ im Clemens Sels Museum Neuss – Kunst in NRW 12/24
Richter daheim
Gerhard Richter im Kunstpalast Düsseldorf – Kunst in NRW 11/24
Menschen allein
Lars Eidingers Ausstellung „O Mensch“ in Düsseldorf – Kunst in NRW 10/24
Noch gemalt
„Zwischen Pixel und Pigment“ in Herford und Bielefeld – Kunst in NRW 09/24
Farbe als Ereignis
Katharina Grosse im Kunstmuseum Bonn – Kunst in NRW 07/24
Farbe an Farbe
Otto Freundlich und Martin Noël in Bergisch Gladbach – Kunst in NRW 06/24
Am Anfang der Abstraktion
Hilma af Klint und Wassily Kandinsky in Düsseldorf – Kunst in NRW 05/24
Glaube und Wissenschaft
Louisa Clement im Kunstmuseum Bonn – Kunst in NRW 04/24
Das eigene Land
„Revisions“ im Rautenstrauch-Joest-Museum Köln – Kunst in NRW 03/24
Ritt durch die Jahrhunderte
Die Neupräsentation im Kunstpalast in Düsseldorf – Kunst in NRW 02/24
Ende eines Jahrhunderts
George Minne und Léon Spilliaert in Neuss – Kunst in NRW 01/24
Puls des Lebens
Chaïm Soutine im K20 in Düsseldorf – Kunst in NRW 12/23
Ganz leicht
Christiane Löhr im Bahnhof Rolandseck – Kunst in NRW 11/23