Wer ahnt schon, was alles passiert, wenn plötzlich ein Känguru vor der Tür steht. Marc-Uwe Kling teilt seine amüsanten Erfahrungen damit bereits 2008 in seinem satirischen Podcast „Neues vom Känguru“. 2009 können Anhänger der Känguru-Bewegung erstmals „Die Känguru-Chroniken: Ansichten eines vorlauten Beuteltiers“ in Buchform kaufen sowie als Hörbuch. 2011 und 2014 erscheinen dann die beiden letzten Teile der Trilogie: „Das Känguru-Manifest“ und „Die Känguru-Offenbarung“.
Der erste Teil ist seit 2017 auf den Brettern des Comedia Theaters in der Kölner Südstadt zu sehen. Es ist zunächst ein merkwürdiges Bild, ein von einem Menschen gespieltes Känguru, dargestellt durch ein einfaches Kängurukostüm – das soll das Känguru sein?! Doch es passt zur Absurdität des Stücks, welches eben schon damit beginnt, dass Marc-Uwe Kling (Manuel Moser), der sich in seiner Wohnung befindet, die Klingel hört, nichts ahnend die Wohnungstür öffnet und wer steht da: Ein sprechendes Känguru (Jan-Friedrich Schaper), das auch gleich noch – nicht wenige – Wünsche und Forderungen hat und schließlich bei Kling einzieht. Mal ganz ehrlich: Wie würden Sie reagieren?
Kling und das Känguru durchlaufen mehrere Kapitel und stoßen immer wieder auf bizarre Situationen und politische, gesellschaftliche Themen, die sie mehr oder weniger konventionell besprechen und lösen wollen. Das Stück lebt natürlich von der spitzen Zunge des Kängurus, den intelligent gestellten politischen Fragen, die der Protagonist in den Raum wirft und vor allem von Klings radikaler Direktheit in den Texten. Doch auch die Inszenierung ist stimmig mit vielen Details, lustigen Requisiten, einem rhythmischen Ensemble und der Nähe zum Publikum.
Das ist etwas, was ich besonders mag am Theater, das Live-Feeling, das Miteinbeziehen des Publikums. In Klings Theaterstück gibt es eine Sequenz, die fernab der Bühne, mitten im Zuschauerraum spielt, zwischen den Sitzreihen, und die Hauptdarsteller wenden sich unmittelbar an das Publikum, sprechen es an, als sei es dazu aufgefordert auch wirklich mitzudenken – ein Wachrütteln auf mehreren Ebenen. Denn Klings politische Einstellungen werden nicht nur durch Aufschriften im Bühnenbild deutlich, wie etwa „Nazis raus!“.
Durch mittlerweile Kult-Sätze wie: „Morgenstund hat Gold im Mund, wer lange schläft, bleibt auch gesund“, erhält das kabarettistische Stück seine Lockerheit, Charme und Humor. Und wer sich fragt, wozu eine „Not-to-do-Liste“ gut ist, der sollte am besten das Känguru selber fragen.
Wer die komische und politische Känguru-Trilogie bereits vom Lesen oder Hören kennt oder sich gar zur nicht ganz kleinen Fangemeinde zählt, der weiß, was es mit dem Beuteltier und seinen einzigartigen Marotten auf sich hat, wie viele Schnapspralinen es in sich reinfuttern kann, ohne mit der Wimper zu zucken, und der wird nicht wenige Pointen mitsprechen können.
„Die Känguru-Chroniken“ | R: Stefan Herrmann | 12., 13.2., 7.3. 19.30 Uhr | Comedia | 0221 888 77 222
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