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Manfred Sarrazin führt seit über 20 Jahren den Krimibuchladen Alibi in Köln.
Foto: WHART

Die Lust am Krimi

31. März 2011

Manfred Sarrazin über Agatha Christie für Kinder, Sex & Crime und James Ellroy – Thema 04/11 Crime and the City

choices: Herr Sarrazin, wie kommt man eigentlich zum Krimi?
Manfred Sarrazin:
Viele Heranwachsende entdecken zwischen zehn und zwölf die Klassiker der britischen Häkelschule mit Agatha Christie an der Spitze. 14-Jährige lesen lieber Fantasy oder Horror à la Stephen King. Zu Krimis greifen erst wieder junge Erwachsenen ab 18, 20 Jahren. Der Einstieg läuft dann über Hard-Boiled-Klassiker wie Hammet oder Chandler, bei politisch Interessierten häufig über Eric Ambler.

Und Ihre Leser-Biografie?
Als ich 1990 den Krimibuchladen Alibi gründete, prägte mich und die Fan-Szene drum herum die US-Avantgarde. Was damals aus den Staaten kam, fanden wir unfassbar spannend. Joseph Wambaugh hat mit „Die Chorknaben“ den Noir-Roman in L.A. eingeführt. Viele Krimi-Autoren begannen, wie Journalisten zu recherchieren. Die Kenntnisse, wie Polizei funktioniert, wurden immer größer. Es gab Autoren wie Elmore Leonard oder Ross Thomas, James Ellroy, Jerry Oster oder Larry Beinhart, die damals auch nach Köln kamen.

1991 kam dann das „Das Schweigen der Lämmer“ in die Kinos.
Die Romanvorlage von Thomas Harris war da schon länger und unbemerkt auf dem Markt. Mit dem Film setzte der Hype um die Profiler- und Serienmörder-Krimis ein. Die Polizeiarbeit wurde aufgefächert. Patricia Cornwall entdeckte die Gerichtsmedizin, Jeffrey Deaver die Spurensicherung. Inzwischen sind nicht mehr die Bücher so prägend, eher die Fernsehserien wie „24“ oder „The Wire“ und „The Shield“. Sie erzählen große komplexe Geschichten und bauen die Kriminalitätsarchitektur ganzer Städte nach.

Trotzdem boomt der Buch-Krimi.
Vor allem der aus Skandinavien um Wallander & Co. Seit einigen Jahren ist auch der Krimi aus deutscher Feder sehr erfolgreich, das war vor zehn Jahren undenkbar. Die deutschen Krimis sind zweifellos professioneller und besser geworden.

Ihr ganz persönlicher Favorit unter den Autoren?
James Ellroy. Er hat die geniale Idee gehabt, wahre Geschichten zu erzählen, über die in den 50ern und 60ern noch niemand schreiben konnte oder wollte. Etwa die Tatsache, dass Marilyn Monroe schon mit JFK im Bett war, als der noch nicht Präsident der USA war. Oder dass Frank Sinatra sie ihm zugeführt hat. Ellroy wird man noch in hundert Jahren lesen, weil er einfach gut ist.

Interview: Wolfgang Hippe

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