Eigentlich hätte Francisco de Zurbarán (1598-1664) nur diese zwei Bilder malen brauchen, um in der Kunstgeschichte unsterblich zu sein: den Heiligen Franziskus und das Lamm Gottes. Aber der spanische Barockmaler war höchst produktiv und widmete sich nicht nur weiteren Motiven, sondern malte sogar ganze Reihen von Heiligenfiguren, Mönchen und des Agnus Dei. Dabei ist jedes Bild verschieden, auch weil Zurbarán Wert auf die Einzelheiten legte. Dies betrifft die Stofflichkeit schon beim Lammfell, dann bei der Wolle und Seide der Gewänder, die er minutiös naturalistisch gemalt hat. Es betrifft auch die Emphase, wie sie sich über die Mimik, die Gesten und die Schilderung des Himmels mit seinen Bewölkungen einstellt. Ebenso wie sein Freund Diego Velázquez stammte Francesco de Zurbarán aus Sevilla. Aber während sich Velázquez dem weltlichen Geschehen zuwandte, ergriff Zurbarán den Beruf des „pintor de imaginería“: Seine Sache waren religiöse Motive und seine Auftraggeber kamen aus der Kirche. Sein Ansehen war so hoch, dass er eine Werkstatt beschäftigt hat und dass bestimmte Motive über die Jahrzehnte immer wieder gefragt waren. Doch auch dann blieben die Darstellungen von einer großen Intensität geprägt, wie jetzt seine erste deutschsprachige Retrospektive im Düsseldorfer Museum Kunstpalast belegt. Der Heilige Franziskus beeindruckt durch die Schilderung seiner Versenkung mit dem Totenschädel in den Händen. In der Zeit der Gegenreformation führt Zurbarán die mythische Konzeption des Glaubens vor Augen.
Radikal entrückt, wird Fleischlichkeit in der Vergeistigung – eigentlich ein Widerspruch – gezeigt, ja, Zurbarán erschafft eine verstörende Spiritualität, die noch heute modern und berührend ist. Unterstrichen vom oftmals Ausgemergelten, Asketischen der Figuren, ist seine stärkste Waffe die Lichtregie, etwa indem das Gesicht unter der verschattenden Kapuze beleuchtet ist. Ausgeformt wird der Körper noch durch die Kleidung. Überhaupt widmet sich der spanische Maler mit größter Gewissenhaftigkeit den Gewändern, schon indem er diese erfunden hat, und zwar bei den Darstellungen christlicher Märtyrerinnen. Zubaráns Kleider erhalten im Realismus der Nadelstiche und Faltenwürfe eine enorme Sinnlichkeit, und natürlich ist es jetzt eine großartige Gelegenheit, diese Bilder im Original zu sehen und mit den Augen zu ertasten. Das Museum Kunstpalast hat um diese Ausstellung weitere gepackt. Ein – unverzichtbarer – Raum widmet sich den Früchtestillleben des früh verstorbenen Sohnes Juan de Zurbarán. Ansonsten, Francisco de Zurbarán, der Alleskönner in der Beschränkung, der Überirdisches so anschaulich werden ließ und schon zu Lebzeiten hoch gerühmt wurde: Dieser Zurbarán bleibt einmalig.
„Zurbarán. Meister des Details“ | bis 31.1. | Museum Kunstpalast in Düsseldorf | 0211 566 421 00
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