Freitag, 5. Oktober: Wieder einmal konnte das Internationale Film- und Fernsehfestival „Cologne Conference“ mit renommierten Gästen aufwarten. Neben dem kontroversen britischen Filmemacher Michael Winterbottom war in diesem Jahr auch der französische Regiestar François Ozon („8 Frauen“) vor Ort, um die zu seinen Ehren veranstaltete Retrospektive zu begleiten und am Abend den gemeinsam von der Film- und Medienstiftung NRW und der Stadt Köln gestifteten Filmpreis Köln für sein Gesamtwerk entgegenzunehmen. Zuvor stellte sich Ozon im Museum für Angewandte Kunst Köln (MAKK) den Fragen von Moderator und Autor Marcus Seibert und denen der zahlreichen Gäste aus dem Zuschauerraum.
Angesprochen auf seinen enormen kreativen und quantitativen Output merkte Ozon an, dass ihm das Filmemachen nach wie vor sehr großen Spaß mache. Am liebsten würde er zwei bis drei Filme im Jahr drehen, wie das Rainer Werner Fassbinder einst gelungen war und den er zu seinen großen Vorbildern zählt. Die Arbeiten Fassbinders hatte er bereits während seiner Studienzeit kennen gelernt, als er sich bezüglich seines eigenen Stils noch unsicher war. Als Ozon dann erkannte, dass man, wie Fassbinder, die Genres wild durcheinander wirbeln kann und sich auf keinen durchgehenden Stil festlegen muss, hatte er gefunden, was er auch selbst machen wollte. Dennoch erkennt man in Ozons Œuvre beispielsweise eine Liebe zur Adaption von Theaterstücken. Der Filmemacher dazu: „Ich mag das Theatralische im Kino, das ist vielleicht auch meine Brechtsche Seite. Zuschauer vergessen ohnehin nie, dass sie sich gerade einen Film anschauen.“ Über einen Theaterbesuch, zu dem ihn Freunde überredet hatten, kam Ozon auch an den Vorlagenstoff für seinen neuesten Film „In ihrem Haus“, der auf der Cologne Conference seine Vorpremiere feierte.
Sein Faible für weibliche Protagonisten wurde von Ozon zunächst als reiner Zufall abgetan. Im weiteren Gespräch machte er allerdings deutlich, dass es ihm durchaus auch wichtig ist, Frauenfiguren zu zeigen, die einen starken Charakter haben. Zudem wäre es mit Protagonistinnen einfacher, Gefühle über die Leinwand zu transportieren. Nicht zuletzt gibt es noch pragmatische Gründe für Ozons Vorliebe für weibliche Hauptrollen: „Schauspielerinnen sind häufig intelligenter als ihre männlichen Kollegen und auch oftmals bereit, größere Risiken in ihrer Rollenwahl einzugehen.“ Eine höhere Intimität am Set entsteht bei François Ozon wohl auch durch die Tatsache, dass er bei seinen Filmen selbst die Kamera führt. Dadurch ist er seinen Schauspielern näher als Regisseure, die das Geschehen über einen Monitor im Nebenzimmer verfolgen. Trotz seiner großen Erfolge in der internationalen Kinoszene stößt auch Ozon bei neuen Projektideen noch auf Finanzierungsprobleme. Da seine Filme aber zumeist recht gering budgetiert sind und er in Frankreich auf ein gut funktionierendes staatliches Fördersystem bauen kann, konnte er am Ende noch jedes seiner Vorhaben in die Tat umsetzen.
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