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Dr. Maxa Zoller und Dr. phil. Natasha A. Kelly
Foto: Simon Rupieper

Schwarzer Feminismus

13. Februar 2020

Natasha A. Kelly stellt ihr Buch in der KHM vor – Literatur 02/20

Eine Frau mit Überzeugung, ein Buch mit Tiefe – besser hätte man zweieinhalb Stunden in der KHM nicht füllen können. Natasha A. Kelly stellt ihr Buch „Schwarzer Feminismus – Grundlagentexte“ vor. Und macht deutlich: Das geht uns alle an.

Das Buch der Kommunikationssoziologin umfasst eine ausgewählte Sammlung deutscher Übersetzungen von relevanten Texten schwarzer Feministinnen. Den Ausgangspunkt bildet die Rede „Ain‘t I a Woman“ von Freiheitskämpferin und Frauenrechtlerin Sojourner Truth auf einem Frauenkongress in Akron, Ohio. Die Rede markiert für Kelly den Ursprung des Diskurses und die Entstehung des Begriffes der Intersektionalität. Und meint damit: die Form der Mehrfachdiskriminierung. Sojourner Truth ist der Meilenstein, auf den sich alle weiteren Autorinnen in Kellys Buch beziehen: Angela Davis, The Combahee River Collective, bell hooks, Audre Lorde, Barbara Smith, Kimberlé Crenshaw und Patricia Hill Collins.

Mit der chronologischen Anordnung der Texte möchte Kelly eine Kontinuität schaffen, die unter anderem eine Antwort auf die Frage geben soll: Wie sah Widerstand aus und wie hat er sich entwickelt? Gleichzeitig kann das Buch als Ehrung der Ende des 18. Jahrhunderts geborenen und versklavten Sojourner Truth verstanden werden, die durch ihr Leben und Wirken den Grundstein für den sich noch heute im Prozess befindlichen Diskurs um schwarzen Feminismus gelegt hat.

„Ain‘t I a Woman?“

Kelly stellt in der KHM das Leben Sojourner Truths vor und liest ihre Rede – eine gelungene Einleitung für die Vorführung von „Sojourner“, einem 22-minütigen Film von Cauleen Smith aus dem Jahr 2018. Ausgesucht hat ihn die Moderatorin des Abends, Dr. Maxa Zoller, unter anderem neue Leiterin des Internationalen Frauenfilmfestivals Dortmund / Köln (24 - 29.3.). Smith reimaginiert in ihrem Film eine radikale feministische Utopie und schafft eine Hommage an Sojourner Truth. Der Film verbildlicht die spirituelle Reise, auf die sich die Frauen begeben, bekleidet mit afrofuturistischen Outfits, deren Leuchtkraft eine ungeheure Energie erzeugt. Untermalt werden die ausdrucksstarken Bilder von Zitaten aus der der afro-amerikanischen Freiheitsbewegung.


„Sojourner“, Film von Cauleen Smith

Resist und reimagine – genau an dem Punkt stecke Deutschland momentan fest, so Kelly. „Dieses Neudenken, dieses reimaginieren, visionieren, überhaupt Räume zu kriegen, zu kämpfen, wir sind ständig am fighten fighten fighten.“

Im Anschluss an den Film folgt ein Gespräch zwischen Kelly und Zoller – das schnell deutlich macht, dass die Bedeutung von Schwarzem Feminismus noch keinen Konsens gefunden hat. So antwortet Kelly auf die Frage Zollers, ob ihr starker Eingriff in die Texte hinsichtlich der Übersetzung nicht auch kritisch wäre: „Ja, das höre ich oft aus eurozentristischer Perspektive.“ Und stellt klar, „Übersetzen ist feministisches Handeln, ist ‚transforming silence into language' um die Worte von Lorde zu benutzen.“ Es wäre schlicht und ergreifend nicht mehr notwendig beispielsweise das N-Wort zu verwenden, da es Alternativen gäbe, durch deren Verwendung sich die Bedeutung des Textes keinesfalls ändern würde.

Es wird deutlich, wie viele Diskussionen Kelly und ihr Team geführt haben müssen bezüglich einzelner Begriffen und Anpassungen. Dass die Leser über einige Stellen vermutlich stolpern werden, wäre richtig und wichtig, denn: „So viel Selbstbewusstsein muss sein, im antirassistischen Kampf.“

„Das Buch ist für dich!“

Die Resonanz der abschließenden Diskussionsrunde verdeutlicht, wie wichtig die Thematik des Buches ist, die gerade erst Einzug in das allgemeine Bewusstsein, wie auch in den Bestand universitärer Bibliotheken hält. Der Weg zu einem differenzierten Umgang mit dem Gegenstand scheint noch ein langer zu sein. Gerade weil viele Rassismus für erledigt halten – das sind jedoch meistens diejenigen, die davon nicht betroffen sind.


Foto: Simon Rupieper

Eine Besucherin erklärt, dass sie oft nicht wisse, wie sie anderen deutlich machen kann, dass sie mehr Rechte haben und dies oft nicht sehen. Damit trifft sie einen für die Herausgeberin zentralen Punkt – dass weiße Frauen oft nicht wahrhaben wollen, dass weibliche People of Color sich mit Vorurteilen konfrontiert sehen, die erstere schlichtweg nicht kennen. Es müsse deshalb in diesem Diskurs auch mal in Ordnung sein zu sagen: „Sit down and shut up“, so die Herausgeberin.

Eine weitere Zuhörerin bedankt sich ausdrücklich bei Kelly für das Buch und erklärt, dass rassistische Konfrontationen bei ihr seelische Schäden hinterlassen hätten und sie immer das Gefühl gehabt habe, dass für sie gesprochen werde. Kelly: „Das Buch ist für dich! Das ist der Grund, warum ich das mache, was ich mache… und für alle Schwestern, die vor dir und neben dir stehen.“

Mit welchen Hoffnungen und Ängsten sie auf die Zukunft des schwarzen Feminismus schaue, möchte ein Besucher von Kelly wissen. „Oh, we‘re gonna save the world, honey, und ihr werdet dankbar sein, wenn wir es tun“, so Kelly. „Um es mit den Worten von Sojourner Truth zu sagen: ‚Wir werden die Welt wieder auf die Füße stellen.‘“

Ihr Buch ist ohne Frage ein wichtiger Schritt hin in diese Richtung. Es soll den Anfang einer Reihe stellen, denn laut Kelly gibt es eben nicht den einen schwarzen Feminismus, viel mehr gäbe es viele feministische Ansätze, die aus einem schwarzen Kontext kommen. Es geht darum verschiedene Blickwinkel einzunehmen und darum, die entsprechenden Frauen für sich selbst sprechen zu lassen.

Natasha A. Kelly (Hg.): Schwarzer Feminismus: Grundlagentexte | Unrast Verlag | 232 S. | 16 €

VIKTORIA LOHNER

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