choices: Eure Stücke spiegeln stets Themen wieder, die euch auch persönlich beschäftigen: Im letzten Stück ging es um Digitalisierung, worum geht es diesmal?
Sophie Killer: Bei unserem aktuellen Stück „Revolt. She Said. Revolt Again.“ sind Gerhard Seidel und Guido Rademacher vom Freien Werkstatt Theater auf uns zugekommen und haben uns gefragt, ob wir das inszenieren wollen. Es war aus dem Impuls heraus, dass wir für nächstes Jahr ein anderes feministisches Stück planen. Das Stück spricht uns also sehr aus dem Herzen, da wir uns viel mit dem Thema Feminismus auseinandersetzen. Es ist ein in drei Akte geteiltes Manifest, die Autorin des Stücks Alice Birch verdreht Situationen und Sprache. In der ersten Szene möchte ein Mann mit einer Frau schlafen und sie dreht das um – also was ist, wenn ich meine Vulva auf dich drauftue und nicht du in mich eindringst. Es geht auch darum, Arbeit und Körper zu revolutionieren, und darum, was man alles mal umdrehen sollte. Dadurch wird aufgezeigt, was in dieser Gesellschaft noch immer ungleich abläuft – auf eine gleichzeitig subtile, konkrete und humoristische Art und Weise. Die weiteren Akte werden radikaler, es geht etwa um Gewalt gegen Frauen. In einer Form jedoch, die abstrahiert ist und Distanz durch Lachen zulässt – das einem aber im Hals stecken bleibt.
Inwiefern betrifft euch das Thema persönlich?
Das Stück zeigt verschiedene Bereiche des Feminismus und nicht nur Einzelbeispiele – so ist es auf viele Frauen zu übersetzen. Wir führen jetzt Regie, so als wenn wir in den höheren Etagen sind und als Frau ernst genommen werden. Es ist uns ein wichtiges Anliegen dafür zu kämpfen, dass man als Frau im Kunstbereich etwas zu sagen hat, wahrgenommen wird und das Geschlecht keinen Unterschied macht. Deswegen haben wir uns auch dafür entschieden, vier Frauen auf der Bühne den Raum zu geben.
Handelt es sich um eine deutsche Uraufführung?
Es ist eine britische Autorin und die Übersetzung ist im Rowohlt Verlag in dieser Form erst vor kurzem rausgekommen. Wir können leider nicht sagen, dass es eine deutsche Uraufführung ist, weil es schon mal halb im Berliner Ensemble aufgeführt wurde. Auch in England und in den USA wurde es schon ein paar Mal inszeniert.
Steht wieder die Performance und der Tanz oder diesmal eher die Schauspielerei im Vordergrund? Und unterscheidet sich das Stück von euren sonstigen Inszenierungen?
Hier ist schon deutlich das Schauspiel im Vordergrund. Es gibt auch einige Stellen die performativ sind, aber es ist viel Text und Konzentration auf das Schauspiel. Die Sprache bekommt viel Raum, weil Sprache ein zentrales Thema des Stücks ist. Durch die Länge des Textes unterscheidet es sich von den Stücken zuvor. Es ist sprachlich spannend, weil die Sätze wie beim Ping-Pong eine schöne Dynamik haben. Es geht darum, wie man Sätze formuliert und was den kleinen Unterschied macht.
Ihr wart vorher in Berlin. Was gefällt euch an der Kölner Kunst- und Theaterszene besonders und was fehlt euch vielleicht?
Wir sind aufgewachsen in München und waren beide eine Weile in Berlin, so haben wir den Vergleich der Szenen. In Köln kommt man schnell rein in die Szene und wird wahrgenommen und aufgenommen, das ist ein schönes Gefühl. Man kann die Kölner Theaterszene schnell überschauen. Ich würde mir wünschen, es bliebe weniger im kleinen Kreis und man kooperiert mehr mit anderen Städten; dass man bekannt ist als Kölner Szene, die aber eben nicht nur in Köln spielt.
Wie war das letzte Jahr für euch und was erwartet ihr für dieses Jahr?
Wir hatten Anfang letzten Jahres Premiere mit unserem Stück „Die mit den Augen atmen“ in der Tanzfaktur Köln. Das Stück spielten wir dann auf dem internationalen Physical Theatre Festival Full Spin und dem Szene Zeigen Festival für darstellende Künste Lauche. Außerdem hatten wir die Vorstellungen unserer Produktion „Der Prozess“ im Orangerie-Theater, die durch den Kunstsalon Theaterpreis zustande gekommen sind. Ich hätte mir gewünscht „Die mit den Augen atmen“ öfter spielen zu können – wir haben mehrere Monate daran gearbeitet. Man bekommt die Gelder nur für die Premiere, daher gab es dann eine kleine Pause für uns, in der wir weiter geplant haben. Bei unserem aktuellen Stück sind wir ganz neu gefordert. Zum ersten Mal arbeiten wir in Co-Regie, entwickeln alles zusammen und machen da nicht so eine Trennung. Diesmal stehe ich nicht auf der Bühne, das ist auch anders. Wir versuchen neue Formen zu finden und unsere Arbeitsbereiche weiterzuentwickeln, neue Herausforderungen zu suchen, die uns künstlerisch weiterbringen. In diesem Jahr entwickeln wir wieder ein Stück, bei dem wir beide auf der Bühne stehen: „Late Night WHO“ ist wie eine Late Night Show aufgezogen, es geht um Frauen, Gleichberechtigung, Humor und die Macht von Humor. Premiere ist am 21. Mai 2020 im Orangerie-Theater.
„Revolt. She Said. Revolt Again.“ | R: Killer&Killer | 5., 8., 9.2. + 6. - 8.3. 20 Uhr | Freies Werkstatt Theater | 0221 32 78 17
„Late Night WHO“ | R: Killer&Killer | 21.(P), 22., 23.5. 20 Uhr, 24.5. 18 Uhr | Orangerie-Theater | 0221 952 27 08
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