choices: Herr Zimmermann, warum laufen Planungsprozesse so oft schief – liegt es an den unterschiedlichen Zuständigkeiten?
Thor Zimmermann: Man muss unterscheiden. Bei Kleinprojekten wird der Rat in der Regel nur in Ausnahmen tätig. Bei der Brücke am Aachener Weiher gibt es ein endloses Gezerre zwischen Verwaltung und Baubetrieben, mit dem Resultat, dass dort eine Ersatzbrücke steht. Deren Miete dürfte aber die Baukosten der neuen Brücke bald übersteigen. Bei Großprojekten gibt es unterschiedliche Ansichten zum Thema. Also versucht man zwischen Rat, Verwaltung und Stadtgesellschaft einen Konsens herzustellen, damit das Projekt auch langfristig unterstützt wird. Manchmal werden Projekte auch wegen Fördergeldern gestartet, die dann aber nicht eingeworben werden können, obwohl das Projekt schon läuft.
Wie kontrolliert der Rat die Planung?
Ab einer bestimmten Summe müssen wir informiert werden, wir können aber auch Prozesse an uns ziehen. Eigentlich müsste man aber für die Steuerung schon die Ausschreibung mitformulieren, aber da wird es fachlich schwierig. Rat- und Ausschussmitglieder sind auf Expertenmeinungen von außen angewiesen, auf die sie sich verlassen müssen. Zur besseren Kontrolle würde helfen, wenn Ratsmitglieder nicht ehrenamtlich tätig sein müssten.
Der Ökonom Martin Flyvbjerg behauptet, dass Bauverzögerungen meistens durch Täuschung bei den Kostenplanungen verursacht werden. Hat er Recht?
Ich denke, das kann man bestätigen. Interessanterweise wird beim LVR, wo ich auch sitze, bei Bauprojekten der Rahmen eingehalten. Bei der Stadt Köln werden die Kosten oft deutlich übertroffen. Aber niemand hat den Mut zu sagen: „Jetzt steigen wir aus, weil's zu teuer wird.“ Stattdessen wird Kritikern vorgeworfen, sie hätten sich nicht früh genug gemeldet. Eine Ausnahme dazu wäre der Neubau des Schauspiels, bei dem Fritz Schramma die Notbremse wegen der Kosten gezogen hat.
Lassen sich Fehlplanungen per Bürgerbeteiligung vermeiden?
Ja und nein. Einerseits kann eine Bürgerbeteiligung den notwendigen Konsens herstellen und Proteste und Neuplanungen vermeiden. Das Heliosgelände wäre für die Investoren billiger geworden, wenn sie die Bevölkerung von Beginn an mitgenommen hätten. Andererseits würde es die Bürger auch überfordern, wenn sie immer so intensiv wie bei Helios mitentscheiden müssten, was zudem teuer ist. Wichtig ist aber, dass die anderen Planungen transparent sind und die Bürger auf der städtischen Website Einblick haben können. Der Rat hat mit dem Projekt „Internetstadt Köln“ gerade eine Initiative in dieser Richtung beschlossen.
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