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Gut verständlich. Rolf Miller aus dem Odenwald spielt nur den Kotzbrocken
Foto: promo

Weissager und Kotzbrocken

25. August 2016

Michael Hatzius und Rolf Miller räumen gründlich auf – Komikzentrum 09/16

Sein Erkennungsmerkmal ist 379 Jahre vor Christus geboren: Michael Hatzius bringt in seinem neuen Programm namens „Echstazy“ nicht nur seine alte Echse mit, ein Reptil, das zusammen mit Aristoteles das Theater der Welt gegründet und seitdem verdammt viel erlebt hat, verblüffende Weissagungen unters Volk streut und Zigarren pafft, ohne dass sich jemand darüber beschwert. In seinem Alter darf man das – wie seinerzeit Altkanzler Helmut Schmidt. Vermutlich weil Hatzius so ziemlich der beste lebende Puppenspieler der Nation ist. Das Tier als Metapher auf den Lauf der Welt – ein Geschöpf, das nicht nur über die Vergangenheit Auskunft zu geben vermag, sondern überdies mit Hilfe einer Glaskugel in die Zukunft blicken kann.

Dabei verschwindet Hatzius nur scheinbar hinter seinen Geschöpfen. Der an der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ ausgebildete Puppenspieler, hat nicht nur sein Handwerk gelernt, er weiß auch, wie das Publikum funktioniert. „Die Menschen nehmen den Kunstfiguren nichts übel“, erklärt er. Deren Geheimnis bestehe nicht zuletzt darin, dass so ein animiertes Wesen völlig uneitel sei. „Die Puppe denkt nichs, aber der Zuschauer denkt, dass sie denkt.“ Mehr noch. Man meint sogar, dass sich deren Gesichtsausdruck ändern könne, so Hatzius: „Eine gelungene Puppe trägt einen variablen Charakter in sich.“ Was bedeutet, dass sie als Projektionsfläche für die eigenen Emotionen dient. Anders gesagt, die Puppe ist ein Medium. Wenn dieses Medium nun behauptet, Puppenspieler seien blöd, schließt sich der Kreis aus Fantasie und Realität.

Wobei Hatzius alles andere als blöd ist: Das lässt sich bei seinem Auftritt am Freitag, dem 2. in der Comedia nachprüfen. Ebenfalls mit jeder Menge Grips gesegnet ist Rolf Miller, der einen Tag später, nämlich am Samstag, dem 3. an gleicher Stelle behauptet:„Alles andere ist primär“. Bei dem Versuch, eloquent zu wirken und seine verqueren Gedankengänge in Worte zu fassen, verheddert er sich heillos: ein erhellender Einblick in die männliche Psyche. Bräsig mit gespreizten Beinen auf einem Stuhl hingefläzt, redet er sich um Kopf und Kragen, ein Typ wie aus dem Bilderbuch für selbstgerechte Besserwisser, einer, der ungefragt zu allem seinen Senf gibt.

Wohl jeder kennt jemanden, der dem Mann auf der Bühne ähnelt. In breiter süddeutscher Mundart streut er seine Stammtisch-gesättigten Weisheiten unters Volk, lacht meckernd über offenbar gerade gewonnene Erkenntnisse („Der Mensch ist vom Typ her für die Frau geschaffen“) – frei nach Karl Kraus: „Es genügt nicht, sich keine Gedanken zu machen, man muss auch unfähig sein, sie auszudrücken.“ Millers Kunstfigur fasziniert nicht zuletzt durch die bis in die feinsten Verästelungen stimmige Präsenz, den mimischen Ausdruck, gepaart mit vielsagender Körpersprache und Denkpausen, die in verdrehte Wortkaskaden münden – wobei das Gelächter über den Mann auf der Bühne nicht zuletzt deswegen immer wieder aufbrandet, weil sich hier jemand bloßstellt, ohne es offenbar selbst zu bemerken. Das ist sehr komisch – schwört wie immer hoch und heilig, die Ihnen stets ergebene

ANNE NÜME

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