Gleich neben dem Eingang hängen die Gitarren, ist die Wand mit Postern und Plakaten bedeckt, und eine Vitrine enthält Ankündigungszettel und Pressefotos, als gelungener Einstieg in das Universum der avantgardistischen Gitarrenband Sonic Youth in der Kunsthalle Düsseldorf. Aber man täusche sich nicht: Dies ist keine Dokumentation oder Beweihräucherung amerikanischer Pop-Heroen, sondern eine differenzierende Sicht auf deren Themen und Anliegen, in einer Ausstellung verschiedener künstlerischer Positionen. Und im relativ unverbundenen Nebeneinander von Malerei, Zeichnung, Foto, Video und Installation aus den letzten drei Jahrzehnten zeichnet sich eine alternative Geschichte zeitgenössischer Kultur ab, noch mit Verweisen auf die Musik selbst. Man sollte sich Zeit nehmen, für die gesellschaftskritischen Themen, die hier angerissen werden und von Geschlechterrollen, Sexualität, Religion handeln. Ein zentraler Aspekt ist natürlich die interdisziplinäre Tätigkeit der Band-Mitglieder und ihre Zusammenarbeit mit bildenden Künstlern. Beteiligt daran sind die Größen einer intermedialen avancierten Kunst wie Dan Graham, Richard Prince und Mike Kelly. Zumal in der sparsamen Präsentation, in der ein Video von Merce Cunningham, die Bodeninstallation von Christian Marclay und der Pavillon von Dan Graham mit zum Besten gehören, wird jeder Beitrag zu einem Statement, das einen eigenen Ton anschlägt. Zunächst vermeintlich „trocken“, entwickelt sich daraus eine bedenkenswerte und beachtliche Ausstellung.
Greift die Ausstellung in der Kunsthalle Düsseldorf noch explizit in die Historie zurück, so wenden sich die „Moralische Fantasien“ im Museum Morsbroich in Leverkusen ganz akuten Problemfeldern unserer Tage zu, als derzeit weitere herausragende Themenausstellung im Rheinland. Es geht um die Klimakatastrophe und um Umweltverschmutzung. Mit zwei Dutzend Beiträgen aus den unterschiedlichen künstlerischen Medien sind Dokumentation und Reflektion, Ursachenforschung und vereinzelt Lösungsvorschläge ebenso konkret wie theoretisch, vor allem anschaulich und kaum verkopft und führen etablierte Künstler mit jungen, weniger bekannten zusammen. Das Fresh Air Cart, das Gordon Matta-Clark 1972 entwickelt hat, wirkt hier, in einem Video, ebenso lebensnah wie brisant als erschreckende Prophezeiung. Ausgewählt wurden zentrale Arbeiten aus der jüngeren zeitgenössischen Kunst. Dass damit zugleich Wesentliches über die Haltung der Künstler mitgeteilt wird, ist eine Qualität der Ausstellung, die noch bestätigt, dass gute Kunst immer ihre Zeit reflektiert. Und deutlich wird in Leverkusen wie auch in Düsseldorf: Bei allem Experimentellen, Spielerischen, Innovativen meint es die Kunst doch verdammt ernst.
Sonic Youth etc. Sensational Fix I bis 10. Mai in der Kunsthalle, Grabbeplatz 4 und im KIT, Mannesmannufer 1b in Düsseldorf I 0211 899 62 43 www.kunsthalle-duesseldorf.de
Moralische Fantasien I bis 26. April im Museum Morsbroich, Gustav-Heinemann- Str. 80 in Leverkusen I 0214 85 55 60 I www.museum-morsbroich.de
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