Ohne Sprache geht es bei diesem Thema kaum – obwohl: „Körperlich: Die Anwesenheit des Kunstwerks wird durch die Anwesenheit des Betrachters realisiert, alsovehement“ (Barbara Köhler/Sandra Boeschenstein).Die Texte, die an der Wand zum Mitnehmen hängen, ergänzen die Kunstwerke und öffnen Resonanzräume. Die Ausstellung in Schloss Morsbroich thematisiert das dialogische Gegenüber von Kunstwerk und Betrachtendem und verhandelt indirekt das Miteinander in unserer Zeit. Dazu bezieht sie ebenso die Sprache ein wie das praktische Gestalten des Raumes, noch dazu in sich über die Monate wandelnden Prozessen. „Was sind zentrale Qualitäten eines ‚Ich‘, die den Menschen für welche Zukunft fähig machen?“, lautet eine Frage der Museumskuratoren.
Und dann steht man in Morsbroich vor den Gemälden und Zeichnungen, Skulpturen und Installationen, Videos und fotografischen Serien von der Nachkriegszeit bis heute und vergisst den kuratorischen Überbau. Etliche Werke stammen aus der Museumsammlung, ein anderer Teil wurde von den Künstler:innen selbst arrangiert. Mitunter ist es nicht ganz einfach, die Bezüge zwischen den Werken zu erkennen, aber die Kunst überzeugt für sich. Als Teil der „Werkstatt Morsbroich“ versteht sich die Ausstellung als vitales offenes System, das den Ort hinterfragt, ihn weiter erkundet, die Angebote des „klassischen“ Museums erweitert und die Künstler:innen und das Publikum partizipatorisch mitwirken lässt – und mit dieser Konzeption ist man mitten drin. So steht man vor dem Video eines Mannes, der unangenehm aus dem Fenster schaut. Im Stockwerk darüber hat Heike Kati Barath Gesichtsausschnitte 1:1 auf Holztafeln gemalt, eigentlich nur die Augenpaare mit der Nase und dem Mundansatz inmitten von wulstiger Haut. Allmählich lassen sich feine Nuancen erkennen, die etwas über Individualität mitteilen. Erst in der Einlassung entfaltet das Kunstwerk seine Vielschichtigkeit. Wir befragen uns selbst, so wie wir den anderen befragen und verstehen mehr voneinander. Oder, wie es leitmotivisch auf einem Text heißt: „Es braucht ein Ich, um Wir zu sagen“ (Barbara Köhler).
yours truly, | bis 29.10. | Museum Schloss Morsbroich in Leverkusen | 0214 405 45 00
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