Donnerstag, 30. Januar: Justin Chadwicks Filmbiografie „Mandela – Der lange Weg zur Freiheit“ hat kurz vor seiner Deutschlandpremiere noch einmal traurige Aktualität erlangt, weil der im Film von Idris Elba dargestellte Friedensnobelpreisträger Nelson Mandela am 5. Dezember 2013 im Alter von 95 Jahren verstorben war. Zum Deutschlandstart des Films hatten das Friedensbildungswerk Köln, amnesty international und das FilmInitiativ Köln e.V. gemeinsam zu einer Sonderveranstaltung ins Ehrenfelder cinenova-Kino geladen, wo verschiedene Experten der entsprechenden Organisationen in den Film einführten und anschließend an Infoständen im Foyer des Kinos dem Publikum Rede und Antwort standen. Roland Schüler vom Friedensbildungswerk Köln betonte schon in seiner Einführung, dass alle anwesenden Experten persönlichen Bezug zur Geschichte Nelson Mandelas hätten und deswegen Einiges aus deutscher Sicht zu den historischen Ereignissen beisteuern könnten.
Birgit Morgenrath, die als Journalistin tätig ist, gab zunächst Einblicke in die Anti-Apartheid-Bewegung, die in den 70er Jahren in Deutschland aus kirchlichen Kreisen hervorgegangen war. Sie erläuterte die Intentionen der damaligen Widerständler: „Wir kaprizierten uns auf Dinge, in denen die Bundesrepublik Deutschland Südafrika unterstützen konnte.“ Aus diesen Bestrebungen gingen u.a. der Banken- und der Früchteboykott jener Tage hervor. Hierzu konnte die Sozialarbeiterin Brigitte Behmenburg Informationen aus erster Hand beisteuern, da sie damals den Bankenboykott innerhalb der Anti-Apartheid-Bewegung in Deutschland organisiert hatte. Die US-Banken wagten es seinerzeit aufgrund der im eigenen Land stattfindenden Bürgerrechtsbewegung nicht, den Staat Südafrika durch Finanzgeschäfte zu unterstützen. Die deutschen Banken hingegen erkannten die Lücke und traten in ein reges Geschäft mit Südafrika ein. „Wir haben versucht, den Finger in diese Wunde zu legen“, kommentierte Behmenburg bei der Filmpremiere. Da man schon durch den Besitz einer einzelnen Aktie bei Aktionärsversammlungen Rederecht erhält, unterwanderte die Gruppe so die Zusammenkünfte der verantwortlichen Banken und trug ihre Ansichten nach außen. Flagge zeigte man auch durch selbst gebastelte Puppen, mit denen man an den so genannten „Bankentagen“ vor den Finanzzentralen auf der Straße demonstrierte. Rund 50 Demonstranten beteiligten sich damals jeweils an diesen öffentlichkeitswirksamen Aktionen.
Ingo Jacobsen von amnesty international ergänzte beim Vorabgespräch im cinenova, dass in den 70er Jahren der Staat Südafrika an so ziemlich „jeder Schweinerei“ beteiligt war, die damals die Schlagzeilen beherrschten. Allein in Deutschland waren seinerzeit 144 Büros von amnesty an der Anti-Südafrika-Länderkampagne beteiligt. Gleichwohl erläuterte Jacobsen, dass der Rückhalt für Nelson Mandela bei amnesty international nicht von Anfang an gegeben war. 1964 kam es zur Kontroverse, weil Mandela sich damals durchaus gewaltbereit zeigte und seine Inhaftierung deswegen für amnesty international nicht die gleiche Priorität besaß wie bei anderen Gefangenen, die niemals Gewalt angewendet hatten. Wie man weiß, hat sich Mandelas Einstellung hierzu im Laufe der Jahre deutlich gewandelt, weswegen er 2006 von amnesty international schließlich sogar zum „Botschafter des Gewissens“ ernannt wurde. Vor der eigentlichen Projektion des Films verwies Moderator Roland Schüler schließlich noch auf das vom 18. bis 28. September 2014 wieder in Köln stattfindende Afrikafilmfestival. „Jenseits von Europa“ wird in diesem Jahr bereits zum 13. Mal organisiert, ebenfalls vom FilmInitiativ Köln e.V. Noch bis zum April können Filme aller Genres als Beiträge bei den Organisatoren eingereicht werden.
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