Lucas Cranach der Ältere (1472-1553) galt schon zu Lebzeiten als Genie. Seine Malerei ist virtuos, detailgenau und fortschrittlich zugleich – wir befinden uns in der Renaissance – dazu war Cranach enorm produktiv. Er wurde quasi in die Reformation hineingeboren. Mit seinen Gemälden und Holzschnitten trug er wesentlich zu ihrer Verbreitung bei. Er hat vor allem biblische Szenen und christliche Motive gemalt sowie Porträts der bürgerlichen und geistigen Elite und weiterhin Szenen des höfischen Lebens. 1505 erhielt er eine Anstellung als Hofkünstler der Kurfürsten von Sachsen. Er war sein Leben lang am Hof beschäftigt, auch als er im hohen Alter in die Wirren des Schmalkaldischen Krieges und die Niederschlagung des Protestantismus geriet. An seinem Lebensmittelpunkt Wittenberg war Lucas Cranach hoch angesehen, zeitweilig war er Bürgermeister Und er war hier mit Martin Luther befreundet, wurde sogar dessen Trauzeuge und hat ihn mehrfach porträtiert. Bis heute prägen Lucas Cranachs Gemälde unser „Bild“ vom Reformator, der vor 500 Jahren seine Thesen an der Schlosskirche zu Wittenberg angeschlagen hat.
Schon das Jubiläum des Reformationsjahres „funktioniert“ als Anlass für die Ausstellung im Museum Kunstpalast in Düsseldorf. Voraussetzung aber ist das Werk in seiner Bedeutung selbst. Cranach malt voller Anmut und Intensität und rüttelt mit dem Stilmittel der Deutlichkeit den Betrachter auf, ja, seine Bilder sind zu ihrer Zeit eine moralische Instanz. Dazu tragen die Gesten und die feine Mimik bei. Ein herausragendes Beispiel ist die Darstellung der Ehebrecherin im Kontrast zum Mann, der sie steinigen möchte. Ein weiteres Meisterwerk der Düsseldorfer Ausstellung ist „Der Abschied der Apostel“, bei dem sich die Armbewegungen sanft fortsetzen und so das Weitertragen der Heilsbotschaft anschaulich werden lassen. Und dann sind da die fantastischen Figurenbeschreibungen, die den Naturalismus mit der Schilderung des Charakters verbinden. Kurzum, Lucas Cranach ist ein Realist von Gottes Gnaden.
Zugleich liefert die Ausstellung Gegenüberstellungen mit weiteren Meistern des ausgehenden Mittelalters und der Renaissance. Neben Albrecht Dürers Kupferstich der Melancholia hängt Cranachs 18 Jahre später entstandene malerische Adaption, die weitergedacht ist. Es ist die Kombination aus Fortschrittlichkeit, Mut und Experiment bei präziser Naturbeobachtung, die Ikonen der Kunstgeschichte hervorbringt und Lucas Cranach für nachfolgende Künstlergenerationen bis heute interessant macht. Das Museum Kunstpalast zeigt dazu Werke von Picasso, John Baldessari oder Palma Varga Weisz. Und es zeigt weiterhin die Malmittel, Farben und Holzgründe, also die Grundlagen der Kunst von Lucas Cranach – so nahe kommt man einem Renaissancekünstler nur ganz, ganz selten.
„Cranach – Meister Marke Moderne“ | bis 30.7. | Museum Kunstpalast in Düsseldorf | 0211 56 64 21 00
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