Kinder oder Karriere – die Wahl hatte die Virtuosin Clara Wieck nicht. Die Ehefrau von Robert Schumann war zunächst eine weltberühmte Pianistin – bis sie acht Kinder gebar. Es ist völlig still im Theater im Ballsaal, während über gefühlt zehn Minuten Nicole Kersten und Justine Hauer acht Puppen auf die Bühne holen, sie wiegen und auf zwei Stühlen platzieren: Kein Babygeschrei, aber auch keine Musik. Die Ambivalenz ist verstörend: Die Puppen werden lieblos von der Seite herangeschleift, dann aber liebevoll gehätschelt. Die Stille signalisiert völlige Leere.
Regisseurin Marlin de Haan hat anlässlich des Bonner Schumannfests (1.-15.6.) einen kurzen Abend über die Pianistin, Komponistin und Publizistin erarbeitet, der einen Bogen schlägt von Clara Wieck als verheirateter Künstlerin im 19. Jahrhundert zum Leben von Künstlerinnen heute. Stellvertretend für den Haushalt bereiten Nicole Kersten und Justine Hauer Smoothies zu, wobei die Arbeitsgänge absurderweise rhythmisiert werden. Die gesprochenen Texte mischen Originaltöne von Clara und zeitgenössische Standpunkte zu Fragen von weiblicher Autonomie, Rollenerwartung, Differenz von weiblichem und männlichem Künstlertum, Fragen des Musikmarktes und dem Zwang zur Selbstvermarktung – nach dem Tod von Robert Schumann musste Clara die Familie versorgen. Schließlich driftet der Abend vollends ins Heute bis zum paritätischen Babysitting und Ehegattensplitting. Die Kürze des Abends (60 Minuten) lässt ihn dramaturgisch eher disparat erscheinen. Manches hätte man sich differenzierter und detaillierter gewünscht, auch performativ stärker verdichtet. Am Ende steht eine Choreografie der nachdenklichen Posen – mehr Signum für eine gegenwärtige Ratlosigkeit geht nicht.
„Clara“ | R: Marlin de Haan | 6. & 7.6. je 20 Uhr | Theater im Ballsaal Bonn | 0228 79 79 01
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