Die Menschen brauchen eine Therapie. Alle. Die Angst vor Enttäuschungen, Verlusten und gar vor Liebe und Hoffnung machen dies nicht erst seit Corona dringend notwendig. Das Ensemble von Drama Köln schuf dafür in Kooperation mit dem Freien Werkstatt Theater eine Freiluftpraxis mitten auf dem belebten Chlodwigplatz in der Südstadt.
Regisseurin Philine Velhagen kreierte mit ihrem Team sowie zahlreichen Teilnehmern einen rund zweistündigen Trip zwischen Severinstor und Verkehrskreisel, der Momente der Ruhe und des Aufruhrs, der Komik sowie der Tragödie dramaturgisch verschmelzen ließ. Digital miteinander über Kopfhörer verbunden und in stetem Augenkontakt bildeten die Besucher eine bewegende Choreographie des Miteinanders in Zeiten von Isolation, Furcht und Misstrauen.
Das für Außenstehende amüsant bis befremdlich anmutende Schauspiel wob mit schlichten Anweisungen durch „Mediator“ Andreas Maier ein dichtes Netz, das Akteure wie Passanten auf der öffentlichen Bühne zusammenführte. Als Dynamik zur Offenbarung gestalteten sich im Zuge der hochemotionalen Performance provozierende wie inspirierende Fragespiele, die sich die Personen gegenseitig wie Strandbälle zuspielten: „Alle, die mal umarmt werden wollen, kommen zu mir“, „Alle, die froh sind, sich mal nicht umarmen zu müssen, kommen zu mir“ und weitere Aufforderungen sorgten für individuelle Offenbarungen, die zu kollektiven Einsichten wurden.
Das Aushalten und der Genuss des unmittelbaren Betrachtens von Angesicht zu Angesicht sorgten zum Ende einer unkonventionellen Gruppentherapie für Selbsterkenntnisse und Tränen der Erleichterung. Ob als tanzende Woge, joggender Zirkel oder stiller Gesangsring – „Der Kreis“ zeigte sich als flexibler Körper, mit steter Bereitschaft zur Öffnung für die Wunderlichkeiten des Lebens. Weitere Aufführungen für 2022 sind im Gespräch.
Der Kreis. Eine soziale Audio-Plastik | Regie: Philine Velhagen | weitere Termine für 2022 in Planung | Drama Köln, Freies Werkstatt Theater | www.drama-koeln.de
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