Mittwoch, 15. Juni: Als besonderen Gast präsentierten das Filmmagazin „Schnitt“ und die Internationale Filmschule Köln ifs zu ihrer ifs-Begegnung „Schnitt“ den Juristen, Autoren und Schauspieler Dietrich Kuhlbrodt im Kino des Museums Ludwig. Wie kaum ein anderer eignete er sich als Gesprächspartner für die Filmvorführung zum aktuellen Themenschwerpunkt des Filmmagazins, Zensur. Für die Projektion musste man einen Film finden, der zum Thema passte, aber trotzdem öffentlich aufgeführt werden durfte. Man wählte Werner Schroeters Verfilmung des skandalumwitternden Oskar-Panizza-Theaterstückes „Das Liebeskonzil“, die in Deutschland freigegeben, in Österreich jedoch wegen ihrer „gotteslästernden Inhalte“ verboten ist.
Dietrich Kuhlbrodt hatte für Schroeters Film 1982 am Drehbuch mitgearbeitet, was man, wie er im anschließenden Gespräch einräumte, seinerzeit sicherlich auch deswegen lanciert hatte, weil Kuhlbrodt damals noch als Staatsanwalt tätig war. Panizzas Stück hatte Ende des 19. Jahrhunderts einen Skandal heraufbeschworen, mit dem Engagement eines Juristen als Drehbuchautor für die Verfilmung wollte man zu Beginn der 80er Jahre mithelfen, das k.u.k.-Gerichtsurteil gegen Panizzas Werk zu revidieren. Doch der Skandal blieb auch im 20. Jahrhundert nicht aus. Insbesondere die Tiroler, von denen damals 82% katholisch waren, fühlten sich durch den Film in ihrem religiösen Empfinden verletzt, was zur Verbrennung der „Liebeskonzil“-Kopien in Österreich führte.
Kuhlbrodt attestierte später allgemein im Hinblick auf Zensur im Film, dass in den 1990er Jahren ein Paradigmenwechsel stattgefunden hätte, der nun die Medienkompetenz der Jugendlichen stärken wolle. Man sei heute darum bemüht, Jugendlichen den richtigen Umgang mit Medienbildern beizubringen und würde deswegen mitunter auch lockerer mit FSK-Freigaben umgehen. Auf die Frage, wie er es vereinen könne, als Künstler Grenzen zu überschreiten, auf deren Einhaltung er als Jurist bestehen müsse, antwortete Kuhlbrodt, dass er die Vielfalt seiner Identität auskosten wolle und deswegen ohne Probleme mit diesem scheinbaren Widerspruch leben könne.
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