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Moritz Führmann als Höfgen/Gründgens-Mephisto
Foto: Sebastian Hoppe

Die böse Schein-Heiligkeit

29. Oktober 2015

Thomas Schulte-Michels inszeniert „Mephisto“ in Düsseldorf – Theater am Rhein 11/15

„Und wenn mich auch der ganze Kreis verhöhnt, mein Pathos brächte dich gewiss zum Lachen, hättst du dir nicht das Lachen abgewöhnt.“ So und nicht anders beginnt der Abstieg des Teufels in die weltlichen Gefilde, als meist unterschlagener Wett-Prolog. Die Quoten sind für Faust beschissen, für Mephisto erst gar nicht vorhanden. Kein Wunder dass Gustaf Gründgens diese Rolle geliebt und gelebt hat. Und wie die Kunst so ist, sie beugt sich, sie windet sich, sie heuchelt. Auch davon handelt Klaus Manns Roman „Mephisto“ von 1936, obwohl „Alle Personen dieses Buches stellen Typen dar, nicht Porträts“. Mit dieser Aussage wollte Mann seine Kunstfigur Hendrik Höfgen vom ungeliebten Avatar Gustaf Gründgens befreien. Na klar. Marketing ist alles im Kulturbetrieb.

In Düsseldorf hat dieser mühsame Aufstieg eines Schauspielers in die heiligsten Hallen der damaligen Theaterlandschaft auch etwas Nostalgisches, zehn Schminktische hinter dem Vorhang lenken den Blick auf die eigentliche Bühne, auf der die Protagonisten auftreten, sich bejubeln lassen, um sich anschließend hinter dem Eisernen die Fetzen um die Ohren zu schlagen. Dabei ist Moritz Führmann als Hendrik Höfgen immer vorne weg. Das Talent will Geld, Ruhm und weg aus dem piefigen Hamburg. Traumziel ist Berlin. Blöd nur, dass die Nazis gerade zu ihrem ewigen Feldzug aufbrechen und mit Kunst so gar nichts am Hut haben, außer sie hängt in ihren Wohnzimmern. Schulte-Michels lässt für Höfgen die Bühne rotieren, jeder Dreh ein neuer Ort. Nebenbei müssen noch die Biografie und die Helfershelfer gewechselt werden. Der Mephisto-Führmann schlängelt sich durch, lässt sich verprügeln, verheiraten, vereinnahmen für Partei und Vaterland. Seine Gesinnung bleibt nebulös. Und doch bleibt er der Faust-Bohème: Ich kann mich nicht bequemen, den Spaten in die Hand zu nehmen. Das enge Leben steht mir gar nicht an. Genau. Dann schon lieber die dominante Juliette mit ihrer Züchtigungspeitsche – Gründgens hätte das übrigens gar nicht gefallen.

Schulte-Michels Choreografie funktioniert immer tadellos. Sein lebendiges Ensemble wechselt geschickt Rollen und Kostüme. Nie wird es dabei hektisch oder undurchsichtig. Weiter geht‘s, vom kommunistischen Theaterprojekt in die braune Hauptstadt. Jetzt wird das Leben bunt und der Künstler reich, man gerät in die gehobenen Kreise und in eklatanten Erklärungsnotstand. Aber das handhaben Höfgen/Gründgens geschickt und rhetorisch unauffällig, jeder merkt die Fallstricke, in denen sich die Berühmtheit verfangen hat, sich dabei selbst betrügt. Immer noch ist es merkwürdig, dass diese undurchsichtigen deutschen Schauspiel-Größen wie Gründgens oder Rühmann nach der Kapitulation nahtlos weitermachen durften. „Ich bin ein Affe der Macht und ein Clown der Zerstreuung der Mörder unddoch nur ein ganz gewöhnlicher Schauspieler.“ Diese letzten Worte klingen wie Hohn angesichts der ermordeten Kollegen und Kolleginnen. Auch auf der historisch durch Gründgens belasteten Bühne in Düsseldorf.

„Mephisto“ | Do 12.11., Mo 16.11., Fr 20.11., Mi 25.11. 19.30 Uhr | Düsseldorfer Schauspielhaus | 0211 36 99 11

Peter Ortmann

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