Yasemin Peken und Christian Minwegen ziehen eine klare Grenze: Man kann ein gläubiger Mensch sein, ohne deshalb in der Institution Kirche aufzugehen. Die beiden Performer studieren derzeit Szenische Forschung an der Uni Bochum. Im Auftrag des Festivals „west off 2021“ wollen die beiden mit ihrer Produktion„Die letzte Messe“ der katholischen Kirche die Leviten lesen.
„Es geht um eine Auseinandersetzung mit der katholischen Kirche als Institution“, sagt Christian Minwegen und weist auf Problemfelder wie Missbrauch, Frauenordination oder den Umgang mit Homosexualität hin. „Wir nehmen dabei die Perspektive eines Gläubigen ein und untersuchen, welche Auswirkungen das auf die einzelne Person hat“, ergänzt Yasemin Peken. Der individuelle Konflikt soll dabei im Vordergrund stehen.
Beide Kirchen erleben bekanntlich derzeit einen drastischen Mitgliederschwund, aber immerhin 27 Prozent der Deutschen gehören noch der katholischen Kirche an. Das schafft nicht einmal der DFB. Ganz zu schweigen davon, dass die Religion in anderen Teilen der Erde boomt. Man könnte argumentieren, dass die katholische Kirche in ihrer 1800-jährigen Geschichte schon eine Menge Krisen durchlebt hat. Das lassen die beiden Performer aber nicht gelten: „Jedem Institutionengedächtnis sollte ein Verantwortungsbewusstsein zugrunde liegen“, sagt Yasemin Peken klar. Theater wie Gottesdienst haben ihren Ursprung im Kultischen und leiten daraus eine Vielzahl an Formen und Ritualen ab. An den Beginn seiner Performance setzt das Duo das Reenactment eines Gottesdienstes. „Wir wollen dem Material vertrauen und untersuchen zunächst, was in der Messe konkret gemacht wird“, sagt Christian Minwegen, der sich die theatralen Angebote der katholischen Messe nicht entgehen lassen möchte. Zugleich müsse sich damit das Publikum, so Yasemin Peken, den Ritualen stellen, zu denen man aufrufe.
Kritik an der katholischen Kirche als Institution hat es immer schon gegeben, ob durch innerkirchliche Fraktionen, durch rebellische Sekten oder vonseiten der weltlichen Macht. Und weil das so ist, könnte sich selbst eine „letzte Messe“ am Ende sogar als konstitutives Element des Katholizismus erweisen.
Die letzte Messe | R: Christian Minwegen & Yasemin Peken | Studiobühne Köln, Tanzfaktur | 12. - 14.11. 20 Uhr | 0221 470 45 13
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
„I am present but I don‘t exist“
West Off 2023 in Bonn, Köln und Düsseldorf – Prolog 11/23
„Ein interdisziplinäres großes Theaterhaus für die Stadt“
Die Dramaturgin Stawrula Panagiotaki übernimmt die Leitung der Studiobühne – Premiere 11/23
Metaebene der Clowns
„Clowns“ in der Studiobühne – Theater am Rhein 07/23
„Offen für experimentelle Formen und alles Neue“
Dietmar Kobboldt geht als Leiter der Studiobühne in den Ruhestand – Premiere 07/23
Perforierte Sprachgrenze
Die Studiobühne zeigt „Total“ – Theater am Rhein 05/23
Bedrohliche Fürsorge
„(S)Caring“ an der Studiobühne Köln – Auftritt 05/23
Spätes Licht
Studiobühne zeigt „Nachttarif“ – Theater am Rhein 04/23
Mit Ulrike Meinhof reden
„lieber wütend als depressed“ des Parasites Ensemble – Auftritt 10/22
„Ein Konzeptalbum, das sich mit Köln auseinandersetzt“
Daniel Schüßler über„Shit(t)y Vol.1.“ in der Tanzfaktur – Premiere 09/22
Wurzeln, Muskeln, queere Körper
„Mandragora“ in der Tanzfaktur – Auftritt 08/22
„Ab wann kippt ein freier Geist?“
Constantin Hochkeppel & Collaborators über „Tipping Points“ – Premiere 04/22
Sprungbrett für den Nachwuchs
Festival West Off an der Studiobühne – Prolog 03/22
Selbsterwählte Höllen
„Posthuman Condition“ am FWT – Theater am Rhein 11/24
Biografie eines Geistes
„Angriffe auf Anne“ am Theater der Keller – Theater am Rhein 11/24
Tanzen gegen Rassentrennung
„Hairspray“ am Theater Bonn – Theater am Rhein 11/24
„Die Hoffnung muss hart erkämpft werden“
Regisseur Sefa Küskü über „In Liebe“ am Orangerie Theater – Premiere 11/24
Kampf gegen Windmühlen
„Don Quijote“ am Theater Bonn – Prolog 11/24
Keine Macht den Drogen
„35 Tonnen“ am Orangerie Theater – Prolog 10/24
Die Maximen der Angst
Franz Kafkas „Der Bau“ in der Alten Wursterei – Theater am Rhein 10/24
Die ultimative Freiheit: Tod
„Save the Planet – Kill Yourself“ in der Außenspielstätte der TanzFaktur – Theater am Rhein 10/24
Wenn das Leben zur Ware wird
„Hysterikon“ an der Arturo Schauspielschule – Prolog 10/24
Spam, Bots und KI
„Are you human?“ am Theater im Bauturm – Prolog 10/24
Wege in den Untergang
„Arrest“ im NS-Dokumentationszentrum Köln – Theater am Rhein 10/24
Die KI spricht mit
Franz Kafkas „Der Bau“ in der Alten Wursterei in Köln – Prolog 10/24
Diskussion ohne Ende
„216 Millionen“ am Schauspielhaus Bad Godesberg – Auftritt 10/24