Remakes haftet der Geruch der Wiederholung eines Erfolgsrezepts an. Wenn Regisseur Nuran David Calis „Die Lücke 2.0“ am Schauspiel Köln herausbringt, dann erinnert schon der Titel an seine Produktion „Die Lücke“ von 2014 zu den Folgen der Anschläge in der Keupstraße. Doch nicht nur das: Der Abend beginnt wie vor sieben Jahren mit einem Spaziergang durch die Keupstraße. Anschließend äußern die bekannten türkischstämmigen Performer Ismet Büyük, Ayfer Sentürk Demir und Kutlu Yurtseven auf den fahrbaren Bühneninseln wieder ihre Wut über die bis 2011 geäußerten Verdächtigungen der Anschlagsopfer als potenzielle Kriminelle; die bekannten Schwarzweiß-Videos mit Uwe Mundlos samt Fahrrad auf der Keupstraße, mit der Vorsitzenden der IG Keupstraße Meral Sahin und dem Mülheimer Bezirksbürgermeister Norbert Fuchs werden eingespielt.
Stefko Hanushevsky und Kristin Steffen spielen diesmal das biodeutsche Paar, das naiv über Fragen der Fremdheit, der Integration, des Miteinanders grübelt. Welcome back. Als Rechtfertigung für das Remake werden der NSU-Prozess gegen Beate Zschäpe, die Anschläge von Halle und Hanau sowie der Streit um das Kölner Mahnmal kurz erwähnt. Die Dramaturgie des Abends verändert sich dadurch kaum, nur die historische Lage ist 2021 eine völlig andere als 2014. Und so wirkt „Die Lücke 2.0“ wie ein schaler Aufguss der alten Fassung. So kommt man der Bedrohung durch rechtsradikale Netzwerke, die bis in staatliche Institutionen hineinreichen, nicht bei. Wiederholen sich ästhetische Ereignisse, erscheinen sie beim ersten Mal vielleicht noch als Tragödie, beim zweiten Mal aber nur noch als Farce.
Die Lücke 2.0 | R: Nuran David Calis | Schauspiel Köln | 4., 5., 23.12. 19 Uhr | 0221 22 12 84 00
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Vererbte Traumata
Stück über das Thiaroye-Massaker am Schauspiel Köln – Prolog 12/24
Flucht auf die Titanic
„Muttertier“ am Schauspiel Köln – Prolog 03/24
Parolen in Druckerschwärze
„Die verlorene Ehre der Katharina Blum“ am Schauspiel Köln – Auftritt 03/24
„Es wird ein Kampf um Vormachtstellung propagiert“
Rafael Sanchez inszeniert „Die letzten Männer des Westens“ am Schauspiel Köln – Premiere 03/24
Dunkle Faszination
Franz Kafkas „Der Prozess“ am Schauspiel Köln – Auftritt 02/24
Wiederholungsschleife
„Soko Tatort“ am Schauspiel Köln – Theater am Rhein 02/24
Standbein und Spielbein
Pinar Karabulut und Rafael Sanchez gehen nach Zürich – Theater in NRW 01/24
„Der Roman lässt mich empathisch werden mit einer Mörderin“
Regisseur Bastian Kraft über „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“ – Premiere 01/24
Ein Martyrium der Erniedrigung
„Kim Jiyoung, geboren 1982“ am Schauspiel Köln – Auftritt 12/23
Ohne Opfer kein Krimi
„Soko Tatort“ am Schauspiel Köln – Prolog 12/23
Ende der Zivilisation
„Eigentum“ am Schauspiel Köln – Theater am Rhein 11/23
Verliebt, verlobt, verlassen?
„Erstmal für immer“ am Schauspiel Köln – Prolog 10/23
Licht in der Finsternis
„Brems:::Kraft“ in Köln und Mülheim a.d. Ruhr – Theater am Rhein 01/25
Ausweg im Schlaf
„Der Nabel der Welt“ in Köln – Theater am Rhein 01/25
Klamauk und Trauer
„Die Brüder Löwenherz“ in Bonn – Theater am Rhein 01/25
Ein Bild von einem Mann
„Nachtland“ am Theater Tiefrot – Theater am Rhein 12/24
Fluch der Stille
„Ruhestörung“ am TdK – Theater am Rhein 12/24
Im Land der Täter
„Fremd“ am Theater Bonn – Theater am Rhein 12/24
Das Mensch
„Are you human“ am TiB – Theater am Rhein 12/24
Wege in den Untergang
„Arrest“ im NS-Dokumentationszentrum Köln – Theater am Rhein 10/24
Bis der Himmel fällt
Franz Kafkas „Der Bau“ am Theater der Keller – Theater am Rhein 09/24
Feder statt Abrissbirne
„Fem:me“ in der Alten Feuerwache – Theater am Rhein 07/24
Der Untergang
„Liquid“ von Wehr51 – Theater am Rhein 07/24
Gefährlicher Nonsens
Kabarettist Uli Masuth mit „Lügen und andere Wahrheiten“ in Köln – Theater am Rhein 07/24
Den Schmerz besiegen
„Treibgut des Erinnerns“ in Bonn – Theater am Rhein 07/24