Die sehr Alten unter uns werden sich vielleicht noch an den Namen Harry Haller erinnern. Er ging als „Steppenwolf“ in die Literaturgeschichte ein – der Prototyp eines einsamen, verkannten und depressiven Einzelgängers, der sein Heil bei Prostituierten und Drogen suchte. Die etwas Jüngeren verbinden mit „Steppenwolf“ vielleicht eine Rockband, deren Gründer seine Jugend in Hannover verbrachte, dann mit der Familie nach Kanada auswanderte und dort die Band gründete. Mit „Born to be Wild“ schrieben sie Rockgeschichte. John Kay sang ganz in diesem Sinne „I never wanna die.“
Heutzutage ist „Steppenwolf“ eine Fahrradmarke, die wie andere einschlägige Firmen auch existenzielle Themen vermarktet:Hightech am Rad, die Sicherheit von Scheibenbremsen oder Neon-Accessoires beim Biker-Outfit. Kein Gedanke mehr an Depression. Das ist nicht verwunderlich, denn die Qualität der Bremsen ist für Fahrradfahrer heute durchaus von Bedeutung. Das moderne Zweirad hat gegenüber älteren Modellen deutlich an Geschwindigkeit zugelegt - ganz gleich ob Tourenrad, Carbon-Modell, E-Bike oder die reine Zeitfahrmaschine.
Das Jahr 2013 hat hier gleich mehrfach Geschichte geschrieben. Im März erreichte der Franzose François Gissy auf einem Fahrrad 263 km/h – allerdings alles in allem ein Fake, denn für das Tempo sorgte nicht Muskelkraft, sondern ein Raketenantrieb. Immerhin hielt das Material der Beschleunigung stand. Im September überschlugen sich dann die Sensationen. Erst erreichte ein schottischer Radprofi mit einem Spezialfahrrad sagenhafte 91 km/h. Dann toppte ihn ein Niederländer mit unglaublichen 133 km/h. Sein Erfolgsrezept: die spezielle Komplettverkleidung des Zweirads. Letztlich bleibt dies jedoch eine Wettbewerbsverzerrung, wenn man die Realitäten auf der Straße in Rechnung stellt. Normale Fahrräder schaffen unter besonderen Bedingungen im Schnitt um die 50 km/h. Innerstädtisch sorgt schon die Straßenverkehrsordnung für Zurückhaltung. Fahrradfahrer dürfen zwar grundsätzlich so schnell fahren wie sie können, nach einschlägigen Urteilen allerdings nicht schneller als Kraftfahrzeuge: „Fahrräder dürfen nur so schnell fahren, wie es allgemein von ihnen erwartet wird“, hat der Bundesgerichtshof höchstrichterlich entschieden. Dazu wird ganz allgemein dekreditiert, dass Radfahrer mit angepasster Geschwindigkeitfahren und dabei Autos, Fußgänger und andere Hindernisse im Blick haben müssen. Ganz eindeutig: die Tempo 30-Zonen gelten auch für sie.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Das rote Pedal
Fahrradkuriere: Anlieferungsluxus mit sozialen Kosten (Teil 2) – Spezial 09/18
Im Sog der Bequemlichkeit
Fahrradkuriere: Anlieferungsluxus mit sozialen Kosten (Teil 1) – Spezial 09/18
Alice im Fahrradwunderland
Sonja Kabous Fahrradwerkstatt in Ehrenfeld – Spezial 07/18
Saubermann E-Auto
Ist die Elektromobilität die bessere Mobilität? – THEMA 08/17 VERKEHRT WOHIN?
In die richtige Spur
Die Kölner Ringe erneut Thema im Haus der Architektur – Spezial 07/17
Träge Masse Köln
Verkehrspolitik und Umwelt im Fokus der dritten Radkomm – Spezial 06/17
„Es passiert einfach viel zu wenig“
Carolin Ohlwein und Christoph Schmidt vom ADFC über Radfahren in Köln – Spezial 06/17
Zwei Räder für jeden
Lebendige Szene von Zweirad-Aktivisten in Köln – THEMA 04/17 Zukunft Jetzt
Hoffnungsschimmer und Realitätscheck
Radkomm-Podiumsdiskussion mit Henriette Reker – Spezial 06/16
Besseres (Über-)Leben am Ring
Baukultur-Abend mit der Initiative RingFrei im Haus der Architektur – Spezial 06/16
Champagner für den Metropolen-Radschnellweg
Nach den Ferien will der RVR vorstellen, wie die erste Express-Piste in NRW realisiert werden kann – Innovation 06/14
Viele Wege zum Infarkt
Individualverkehr, Nahverkehr, Radverkehr – THEMA 02/14 MOBILITÄT
Ran an die Regeln
Intro – Verspielt
Es sind bloß Spiele
Teil 1: Leitartikel – Videospiele können überwältigen. Wir sind ihnen aber nicht ausgeliefert.
„Viele Spiele haben noch einen sehr infantilen Touch“
Teil 1: Interview – Medienpädagoge Martin Geisler über Wandel in der Videospiel-Kultur
Jenseits der Frauenrolle
Teil 1: Lokale Initiativen – Die Spieldesignerin und Label-Gründerin Mel Taylor aus Köln
Werben fürs Sterben
Teil 2: Leitartikel – Zum Deal zwischen Borussia Dortmund und Rheinmetall
„Genießen der Ungewissheit“
Teil 2: Interview – Sportpädagoge Christian Gaum über das emotionale Erleben von Sportevents
Immer in Bewegung
Teil 2: Lokale Initiativen – Sportangebote für Jugendliche im Open Space in Bochum
Das Spiel mit der Metapher
Teil 3: Leitartikel – Was uns Brettspiele übers Leben verraten
„Ich muss keine Konsequenzen fürchten“
Teil 3: Interview – Spieleautor und Kulturpädagoge Marco Teubner über den Wert des Spielens
Zusammen und gegeneinander
Teil 3: Lokale Initiativen – Spieletreffs in Wuppertal
Spielglück ohne Glücksspiel
Gegen teure Belohnungen in Videospielen – Europa-Vorbild: Belgien
Spielend ins Verderben
Wie Personalmanagement das Leben neu definierte – Glosse
Wie gewohnt
Intro – Europa